Globalisierung von unten: Deutschland – China – Dänemark…
„Das Kapital bringt auch uns zusammen“ überschreibt Hans Brinkmann im Info Nr. 27/ Febr.2020 der dänischen gewerkschafslinken „Aktionsgrupen“ AAA seinen Interview-Artikel über unseren Besuch in Kopenhagen im Januar d.J.
Ausführlich wird über die seit 2005 vom FAW organisierten Gruppenbesuche und Gegenbesuche von KollegInnen aus China und Deutschland und über unseren kontinuierlichen Info-Austausch berichtet, sowie über unsere Solidaritäts-Aktionen mit kämpfenden Belegschaften wie im Fall der Auseinandersetzungen bei VW in Changchun.
Dem Interview mit uns war eine gut besuchte Veranstaltung vorausgegangen bei der größten dänischen Gewerkschaft 3F (die aus einem Zusammenschluß mehrerer Einzelgewerkschaften hervorgegangen ist). Wir konnten unsere Aktivitäten zur Diskussion stellen und die Notwendigkeit praktischer internationaler Vernetzung, trotz der unter Xi gewachsenen Schwierigkeiten. Am Tag unserer Veranstaltung ist eine sich auch auf das FAW beziehende Broschüre mit dem Untertitel „Den kinesiske arbejderbevaegelse under Xi“ von der Organisation „solidaritet“ herschienen und wurde in diesem Rahmen kurz vorgestellt.
Am Folgetag wurde dort auch der Film „Luft zu Atmen“ über die 40jährige politische Arbeit der GoG bei Opel in Bochum gezeigt. Die Debatte über ihre Versuche von internationaler Zusammenarbeit mit Belegschaften aus anderen Autofabriken und über die Probleme einer auf nur eine Belegschaft begrenzten Streikaktionen führten zu einem generellen Austausch über deutsche wie dänische Probleme von Gewerkschaftslinken, sich mit einer auf Sozialpartnerschaft mit dem nationalen Kapital ausgerichteten Gewerkschaftsführung bei gleichzeitig einer insgesamt eher geringen Kampfbereitschaft der Belegschaften auseinandersetzen zu müssen.
Die Kolleginnen und Kollegen der 3F-Gewerkschaft und der AAA-Aktionsgruppen hatten für uns dankenswerterweise ein so spannendes und lehrreiches Austauschprogramm organisiert – einschließlich äußerst gastfreundlicher Unterbringung und Verpflegung – dass wir es kurz vorstellen müssen:
Besuch bei einer hochmodernen Messtechnik-Fabrik, die seit kurzem zur Darmstädter Firma HBM (Hottinger-Baldwin-Messtechnik) gehört.
Uns wurde berichtet, der deutsche Manager argumentiere, daß man für das Geld, das ein dänischer Arbeiter koste, man in Deutschland zwei kriegen könne. Unser Bericht über unseren Kontakt mit Kollegen des chinesischen HBM-Betriebs in Suzhou stieß bei den dänischen Belegschaftsvertretern auf sehr großes Interesse.
Extra-Treffen mit GewerkschaftskollegInnen der 3F-Gewerkschaft. Ihre Berichte über ihre zähe Mobilisierungsarbeit und ihr Engagement für internationale Solidarität brachten uns die dänische Gewerkschaftsbewegung ein großes Stück näher. Die Lage der Lohnabhängigen scheint in vielerlei Hinsicht – Leiharbeit, working poor, Zukunftsangst- der Situation bei uns zu gleichen...
Man beklagte, daß die dänischen Gewerkschaften in puncto Sozialpartnerschaft dem deutschen Vorbild folgten. Uns fielen aber auch Unterschiede auf. Die dänischen Gewerkschaften lehnen eine Einmischung des Staates in Tariffragen ab und damit auch einen staatlich festgelegten Mindestlohn. Streiks während der Friedenspflicht sind weitaus häufiger als wir es kennen und die Gewerkschaft zahlt bei Wilden Streiks oftmals Streikgeld. Die 3F Gewerkschaft engagiert sich aus deutscher Sicht ungewöhnlich stark für ungelernte und prekäre Beschäftigte.
Nicht zu vergessen unser Besuch bei einem dänischen Parlamentsabgeordneten der linksgrünen Fraktion, der uns seine politischen Aktivitäten vorstellte. In seinem Büro fehlten weder Che Guevara noch Marxbüste und die Wände zierten zahlreiche Bilder von der internationalistischen Solidaritätsarbeit von Vietnam bis Palästina. Entsprechend groß war sein Interesse an der Arbeit des FAW.
Seine Führung durchs dänische Parlament einschließlich dem ehrfurchtgebietenden klassischen Sitzungssaal rundete unseren Besuch ab.
Außerhalb des Parlamentsgebäudes standen wackere Friedensbewegte seit mehr als 5000 Tagen in einer Mahnwache gegen die Beteiligung Dänemarks am Irakkrieg.
(Wolfgang Schaumberg und Karsten Weber)