February 20, 2023

Tod eines Riders

Scheinselbständigkeit existiert trotz aller Versprechen weiterhin in der Branche

Tod eines Riders
15. Februar 2023.  Essenskurier stirbt auf einem Berg in Anhui, Familie gewinnt Rechtsstreit um die Anerkennung eines faktischen Arbeitsverhältnisses. (...)
Im Mai 2021 starb der 27-jährige Essenslieferant von Ele.me, Li Zhuoran, während der Teilnahme an einer Teambuilding-Maßnahme, die eine Bergbesteigung in Bengbu, Provinz Anhui, beinhaltete. (...)
Die Suche nach Li begann jedoch erst, als er nicht zu Hause ankam und seine Frau ihn nicht erreichen konnte. Sie wandte sich an die Mitarbeiter des örtlichen Zustellungszentrums, und das war das erste Mal, dass man nach ihm suchte, obwohl er einen Notruf abgeschickt hatte(...). Als der Suchtrupp Li fand, war es für die Rettungsdienste bereits zu spät (...). Er hinterließ seine Frau und ihren 8 Monate alten Sohn. (...)
Das örtliche Lieferzentrum weigerte sich auch, die Familie von Li zu entschädigen, mit der Begründung, dass er selbständig sei, und im März 2022 stellte seine Schwester ihre Bitte online in ein Regierungsforum: "Nach ihrer Sicht der Welt ist nur ein Essenslieferant verloren gegangen, als ob er entbehrlich wäre. Aber für uns ist sein Verlust wie der Verlust der ganzen Welt." (...)
Der Fall kam vor ein Arbeitsschiedsgericht, und der Schiedsspruch stellte ein Arbeitsverhältnis zwischen Li und dem örtlichen Lieferzentrum fest. Das Unternehmen legte gegen den Schiedsspruch vor einem Zivilgericht Berufung ein. Mehr als ein Jahr später bestätigte der Richter den Schiedsspruch und stellte fest, dass de facto ein Arbeitsverhältnis bestand. Der Richter sprach sich klar gegen die Praxis der "Scheinselbständigkeit" aus. (...)
Chinas Vorschriften zur Arbeit in der Plattformökonomie und die Bestrebungen zur gewerkschaftlichen Organisierung in dieser Branche haben Arbeiter wie Li nicht geschützt
Seit Juli 2021 hat China nationale Richtlinien zur Regulierung der Plattformökonomie erlassen. (...) Diese Verordnungen und Gewerkschaftsinitiativen scheinen den Arbeitern mehr Gerechtigkeit zu bringen, aber in der Praxis existieren sie größtenteils nur auf dem Papier (...). Insbesondere ändern sie nichts am Status quo der Arbeitsverhältnisse in der Gig-Economy, die zu Verletzungen der Arbeiterrechte und Schwierigkeiten bei der Rechtsfindung führen. (...)
Trotz der staatlichen Vorschriften, der zahlreichen Initiativen der Gewerkschaft und des Branchentarifvertrags von Bengbu blieben die Rechte von Li ungeschützt. Li ist nicht der Einzige. Seit die Region Ende 2021 dem Aufruf des ACGB zur Organisierung der Beschäftigten von Lieferplattformen gefolgt ist, hat die Streikkarte des CLB mehr als ein Dutzend Fälle von Streiks und Protesten in der Provinz Anhui gesammelt, darunter Kuriere, Essenslieferanten und andere Logistikbeschäftigte.
Die unzulässige Einstufung von Arbeitnehmern als selbständige, unabhängige Auftragnehmer, wenn de facto ein Arbeitsverhältnis besteht, ist ein weit verbreitetes Phänomen. Wie das Gericht in Lis Fall feststellte. (...)

CLB 15.2.2023

Hongkong:

Ein foodpanda-Fahrer verunglückte am 14. Februar auf dem Weg zur Arbeit tödlich. Der zweite tödliche Fall in 7 Monaten. Das Opfer kann maximal 500.000 HKD von der Unfallversicherung von Foodpanda (FP) erhalten, aber wenn er als Arbeiter behandelt würde, müsste FP nach dem Arbeitsrecht über 1.500.000 zahlen. Eine riesige Diskrepanz!
Schon Wochen vor dem Unfall hatte der Minister für Arbeit und Soziales in Hongkong erklärt, dass die Mitarbeiter der Zustelldienste "definitiv KEINE" Arbeiter sind🤪. Während das Europäische Parlament für eine Beschäftigungsvermutung für Plattformarbeiter gestimmt hat, ist die Haltung der Regierung von Hongkong lächerlich konservativ und rückständig.
Die Regierung von Hongkong sollte sich nach dem tödlichen Unfall für ihre Worte schämen. Sie muss die bestehenden Gesetze zur Bekämpfung der Scheinselbstständigkeit proaktiv DURCHFÜHREN und die Rechte von Plattformarbeitern so schnell wie möglich GESETZLICH festschreiben!
Lest den Offenen Brief (...).
Fahrer werden falsch eingestuft und sind ohne Schutz. Aufgrund der sich verschlechternden Arbeitsbedingungen kommt es täglich zu Unfällen. Wie die Fahrer, die sich letzten September mit gov trafen, deutlich machten, brauchen die Fahrer Arbeitsrechte: ausreichende Versicherung, Sicherheit am Arbeitsplatz, Lohnfortzahlung bei Krankheit, bezahlte Ruhetage, Mindestlohn...
Hongkonger Fahrer sagten der Regierung: "Gesetze sind nötig, um das alles zu lösen." (...) Am 9.9.2022 trafen sich drei Fahrer mit Beamten des Labour & Welfare Bureau und des Arbeitsministeriums, zusammen mit einem Familienmitglied des Opfers des tödlichen Foodpanda-Unfalls und Vertreter von zwei NGOs, um mehr Schutz zu fordern.

Riders Concern Group Hongkong 16.2.2023