May 13, 2020

Arbeiteraktivisten wieder frei!

Fünf inhaftiere Aktivisten sind wieder bei ihren Familien

Arbeiteraktivisten wieder frei!

Das China Labour Bulletin hatte am 9.Mai gute Nachrichten:

Fünf Gewerkschaftsaktivisten (labour activists) nach 15 Monaten Haft freigelassen

Fünf bekannte Arbeiteraktivisten sind am Donnerstagabend nach Hause zurückgekehrt, mehr als 15 Monate nachdem sie bei einer koordinierten Polizeirazzia am 21. Januar 2019 verhaftet worden waren.
Die Familien und Mitstreiter von Wu Guijun, Zhang Zhiru, Jian Hui, Song Jiahui und He Yuancheng haben bestätigt, dass alle fünf Aktivisten nun sicher und guter Dinge nach Hause zurückgekehrt sind.
Die Aktivisten wurden alle beschuldigt, Menschenansammlungen zur Störung der Öffentlichen Ordnung zu  verantworten. Nach einem Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit wurden Zhang Zhiru und Wu Guijun zu drei Jahren und zu vier Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Jian Hui, Song Jiahui und He Yuancheng wurden zu 18 Monaten auf zwei Jahre Bewährung verurteilt.
Es wird davon ausgegangen, dass die Aktivisten zwar bereits am 24. April freigelassen wurden, aber wegen des anhaltenden Covid-19-Ausbruchs vor ihrer Rückkehr nach Hause 14 Tage in Quarantäne verbringen mussten. Ihre Familien wussten weder von ihrer Freilassung noch von der Tatsache, dass sie verurteilt worden waren, bis sie am 7. Mai tatsächlich nach Hause zurückgekehrt sind.
Die Familien hatten nach der Verhaftung der fünf Aktivisten im vergangenen Jahr durch das Bao'an District Public Security Bureau in Shenzhen Anwälte engagiert. Die Behörden übten jedoch immensen Druck auf die Inhaftierten aus, die von ihnen gewählten Verteidiger zu entlassen und stattdessen staatlich ernannte Anwälte zu akzeptieren. Daher waren die Familien nicht in der Lage, rechtzeitig Informationen über den Fortgang dieser Fälle zu erhalten.
Die Freilassung der fünf Aktivisten ist zwar eine sehr positive Nachricht, es muss jedoch betont werden, dass sich mehrere andere aktive Arbeiteraktivisten nach wie vor in irgendeiner Form in Haft befinden oder in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt sind, und keinem der freigelassenen Aktivisten wurde es gestattet, seine wertvolle Arbeit zur Unterstützung von Arbeitern in Schwierigkeiten wieder aufzunehmen.
Die fünf Aktivisten, die am Donnerstag freigelassen wurden, hatten alle während der 2010er Jahre eine Schlüsselrolle in der chinesischen Arbeiterbewegung gespielt.
Wu Guijun kam erstmals 2013 als Aktivist zu Tage, als er die Beschäftigten des in Hongkong ansässigen Möbelherstellers Diweixin in Shenzhen organisierte, um gegen die Weigerung des Unternehmens zu protestieren, über eine Entschädigung für die geplante Schließung und Verlagerung der Fabrik zu diskutieren. Er wurde mehr als ein Jahr lang inhaftiert, bevor er im Juni 2014 ohne Anklage freigelassen wurde (siehe Foto oben). Zu diesem Zeitpunkt begann er seine Karriere als unabhängiger Aktivist, der den Fabrikarbeitern in der Stadt half, Sozialversicherungs- und andere Ansprüche geltend zu machen.
Zhang Zhiru war in den letzten zehn Jahren einer der prominentesten Arbeiteraktivisten in Shenzhen. Nachdem er viele Jahre auf Baustellen und Fließbändern in seiner Heimatprovinz Hunan gearbeitet hatte, gründete Zhang 2007 das Chunfeng Labour Dispute Service Centre. Das Zentrum war in den 2010er Jahren an zahlreichen Arbeitskonflikten beteiligt und führte Tausende von Beschäftigten durch Tarifverhandlungen mit ihren Arbeitgebern. Das Zentrum wurde 2014 sogar von der staatlichen Mediengruppe Global Times gelobt.
Jian Hui arbeitete in dieser Zeit in Chunfeng, während He Yuancheng der ehemalige Herausgeber des Tarifverhandlungsforums war. Song Jiahui war früher Arbeiter in der Lide-Schuhfabrik in Guangzhou und wurde in dem wohl erfolgreichsten Tarifverhandlungsfall in der jüngeren Geschichte der Arbeiterbewegung in China zum Arbeitnehmervertreter gewählt.
Es sollte betont werden, dass all diese Erfolge ohne die Unterstützung des Allchinesischen Gewerkschaftsbundes (ACGB) erzielt wurden, wie der Geschäftsführer des China Labour Bulletin, Han Dongfang, hervorhob:
"Wenn Chinas offizielle Gewerkschaft mehr Integrationswillen gezeigt und mit diesen Aktivisten der Zivilgesellschaft zusammengearbeitet hätte, wäre der Nutzen für die Beschäftigten größer gewesen. Dies ist eine wichtige Lektion, die die Gewerkschaft noch lernen muss, und wir fordern den ACGB dringend auf, genau dies zu tun, um in Zukunft unnötige Dramen zu vermeiden."

CLB 9.5.2020