December 2, 2023

Migranti cinesi in Italia

Migration und Alltag. Berichte über eine große chinesische Community in der Toscona

Migranti cinesi in Italia

Chinatown in Prato

Bekleidungsindustrie in Italien: Tausende Chinesen leben und arbeiten in toskanischer Stadt. Verhältnisse bessern sich

(...) Knapp 30.000 der insgesamt etwa 195.000 Einwohner Pratos gehören der chinesischen Gemeinschaft an – die ersten von ihnen kamen Mitte der 1980er Jahre. Damit hat Prato die zweitgrößte chinesische Gemeinschaft in Italien nach Mailand, wo es 30.700 von mehr als 1,3 Millionen Einwohnern sind.

Die meisten der in Prato lebenden Chinesen stammen aus Zhejiang, einer Region im Süden Chinas, und insbesondere aus der Stadt Wenzhou. Wenn man die Via Pistoiese hinuntergeht, fallen neben dem angenehmen Geruch von Gewürzen die vielen Geschäfte mit zweisprachigen italienisch-chinesischen Schildern auf. Solche Zeichen wurden 2009 durch eine kommunale Verordnung des ehemaligen Mitte-rechts-Bürgermeisters Roberto Cenni eingeführt. (...)

Der Löwenanteil der lokalen Nachrichten ist jedoch der Ausbeutung der irregulären Einwanderung oder der Schwarzarbeit vorbehalten. Die ist zusammen mit den Arbeitsbedingungen ein Problem, das vor fast zehn Jahren ins internationale Rampenlicht geriet, als im Dezember 2013 beim Brand in der Firma Teresa Moda sieben Menschen starben, von denen einige illegalisierte Einwanderer waren. Die Angestellten des Unternehmens, alle chinesischer Herkunft, arbeiteten, aßen und schliefen in der Fabrik, in Schlafsälen aus Gipskartonplatten. Einer der Toten wurde in einem Schlafanzug gefunden. (...)

»Jedes Jahr gibt es mindestens eine oder zwei Wellen von Menschen, die kommen und gehen«, bestätigt auch Federico Santini, ein Musiklehrer, der in der Via Pistoiese wohnt, »so dass nur wenige hier Wurzeln schlagen. Integration findet statt, und es gibt keine großen Probleme zwischen den Gemeinschaften und auch viele gemischte Ehen. (...)

»Die Zahl der Chinesen in Prato wird wahrscheinlich nicht zunehmen«, betont Teresa Lin, ebenfalls Italienerin chinesischer Herkunft, die 2019 mit der Lista Civica Biffoni in den Stadtrat von Prato gewählt wurde und Tochter des Besitzers eines Pronto Moda im nahegelegenen Seano ist, »auch weil sich die wirtschaftlichen Bedingungen in China verbessert haben und die Leute bleiben«. Für die Einwohner von Prato hingegen ist es wichtig, dass die Einwanderer bleiben. »Wenn die Chinesen weggingen, wären wir aus dem Geschäft«, räumt Barbesitzer Capobianco ein, während er seinen Kaffee zu Ende kocht und lächelt.

Junge Welt 30.9.2023

Bekleidungsindustrie in Prato

Stadt der zwei Seelen

7. Mai 2023 · Prato in der Toskana testet zwei Modelle der Textilindustrie: chinesisch und italienisch, Billigklamotten in Massenproduktion und edle Recyclingware. Wer gewinnt die Oberhand in der Stadt der zwei Seelen?

(...) Was neue oder alte Heimat für die Bewohner ist, das lässt sich in Prato nicht immer leicht bestimmen. Die Stadt mit ihren knapp zweihunderttausend Einwohnern, die an Florenz grenzt, ist mit der gleichnamigen Provinz um sie herum das größte Textilzentrums Europas. Hier wird hergestellt, was Millionen von Europäern täglich auf der Haut tragen. Früher nannte man die Stadt „La capitale degli stracci“, die Hauptstadt der Lumpen.

Heute bezeichnet sie die Industrie „Welthauptstadt der zirkulären Textilökonomie“. Schon seit Mitte des 19. Jahrhunderts haben sie hier besondere Kenntnisse und Techniken für die Nutzung von Textilresten immer weiter entwickelt. Lange Zeit hat man die Wiederverwertung eher versteckt und nutzte sie für weniger modische Erzeugnisse wie Militäruniformen oder Arbeitskleidung. Doch heute ist Recycling gefragter denn je, weil die Textilindustrie ein riesiger Umweltverschmutzer ist, der Antworten auf die Herausforderung der Nachhaltigkeit braucht. Daher soll in Prato aus der Tradition ein Trumpf werden.

(...) In der Tat hat Prato eine zweite Seele; man entdeckt sie etwa beim Blick auf die Namensliste der Neugeborenen: Die drei beliebtesten Vornamen der Stadt waren im vergangenen Jahr Chen, Hu und Lin. Und die sieben folgenden Namen in der Rangliste waren immer noch chinesisch. Denn Prato ist nicht nur eine Wiege der italienischen Textilindustrie, die sich mit Nachhaltigkeit und „Slow Fashion“ im globalen Wettbewerb zu behaupten sucht, die Stadt ist auch eine Hochburg der Branche am anderen Ende der Qualitätsskala: „Fast Fashion“ mit ständig wechselnder Billigware aus chinesischer Hand, die sich wegen ihrer Stoffmischungen obendrein kaum recyceln lässt.

FAZ 7.05.2023

Chinesische Arbeiter beim Zuschnitt

Ein unterhaltsames 6 minütiges Video über ein Streetfoodfestival in Chinatown.