July 3, 2021

Essenskuriere streiken in mehreren Städten

Das China Labour Bulletin berichtet von aktuellen Arbeitskämpfen

Essenskuriere streiken in mehreren Städten

Weltweit rumort es in der Gig-Ökonomie, in der App-basierten Arbeitswelt. In China halfen weder Repression gegen Fahreraktivisten, noch Versprechen der Regierung, sich der Problematik anzunehmen. In diesem Zusammenhang gab es Strafen gegen Tech-Konzerne, die Partei geriert sich als Kümmerer und Xi Jinping erklärte das Thema zur Chefsache. Da sich die Bedingungen jedoch weiter verschlechterten, sahen die Betroffenen sich gezwungen, mit Gegenwehr zu reagierien.

Lebensmittelzusteller gehen gegen niedrige Löhne und "tyrannische" Firmenpolitik vor

Berichten zufolge streiken die Mitarbeiter von Essenslieferdiensten in mehreren Großstädten Chinas als Reaktion auf Lohnkürzungen und die erdrückenden Anforderungen, die die großen Online-Plattformen Meituan und Ele.me an sie stellen.
Die Plattformen haben noch nicht offen zugegeben, dass die Kürzungen der Löhne pro Bestellung zu den Streiks geführt haben, aber die Kunden haben sich in den sozialen Medien über lange Wartezeiten und das Fehlen von Fahrern, die ihre Bestellungen abholen, beschwert.
Ein Sprecher der Riders für Meituan berichtete, dass sie einst rund 2.800 Yuan pro Woche verdienten, aber dieser Betrag ist auf etwa 2.000 Yuan gesunken. Ein "spezieller Lieferfahrer", der 12 Stunden pro Tag mit ein oder zwei freien Tagen pro Monat arbeitete, sagte, dass er etwas mehr als 7.000 Yuan pro Monat verdiente.
Die Streikkarte von CLB zeigt, dass letzte Woche Ele.me-Fahrer in Hefei und Shanghai sowie Meituan-Fahrer in Chengdu streikten. Screenshots, die online geteilt wurden, zeigen, dass die Fahrer nur etwa 3,5 Yuan für eine drei Kilometer lange Fahrt verdienten. Berichten zufolge streikten die Fahrer auch in Guangzhou und Shenzhen, da ihr Einkommen um mehr als 1.000 Yuan pro Monat sank.
Zusätzlich zu den kollektiven Aktionen haben einige Fahrer versucht, die unerreichbaren Lieferziele und die Strafen aufzudecken, die den Fahrern für schlechte Bewertungen, stornierte Aufträge oder Unterschreitung der Lieferzeiten auferlegt werden.
In einem einsamen Akt des Trotzes registrierte letzte Woche ein Zusteller mit dem Nachnamen Yang ein Konto bei Meituan und nahm 253 Bestellungen an, um dann sofort sein Konto wieder zu löschen. Hätte er die 253 Bestellungen tatsächlich ausgeliefert, wäre er 953 Kilometer gefahren und hätte nur 1.200 Yuan verdient.
Trotzdem klickte Yang auf "Bestellung gesammelt" und "geliefert" und bekam die 1.200 Yuan gutgeschrieben. Aber er hat das Geld nicht abgehoben. Stattdessen postete er, bevor er sich endgültig abmeldete, online über seine Aktionen und erklärte, dass "Meituans tyrannische Klauseln wirklich ekelhaft sind."
Ein Beispiel: Als sich ein Fahrer in Ningxia weigerte, den Müll für den Kunden herauszubringen, erhielt er eine Geldstrafe von 50 Yuan und ein Limit für die Anzahl der Aufträge, die er annehmen konnte.
Die Regierung hat eine Anti-Monopol-Offensive gegen Big Tech gestartet und verhängt Bußgelder in Milliardenhöhe gegen Plattformen, was etwa dem Umsatz einer Woche entspricht. Deren CEOs halten sich bedeckt. Aber bisher haben die Regulierungsmaßnahmen nicht angesprochen, was diese Plattformen mit ihren Monopolen tatsächlich tun, nämlich unumstößliche Systeme zu schaffen, in denen Restaurants mehr für die Bewirtung zahlen, Verbraucher mehr für Take-aways, und Fahrer weniger verdienen.
In der Zwischenzeit scheinen die lokalen Gewerkschaftsfunktionäre die Probleme von Chinas Millionen von Essenslieferanten nicht zu kennen.

CLB 30.6.2021

Der bisher nur auf Chinesisch erschienene Bericht zu den Reaktionen der Gewerkschaft wird demnächst in Übersetzung veröffentlicht.