March 24, 2022

Feminismus, eine subversive Kraft in der chinesischen Gesellschaft

Repression vermochte die Stimme der Frauen, die ihre Rechte einfordern, nicht verstummen lassen

Feminismus, eine subversive Kraft in der chinesischen Gesellschaft

"Die jungen Intellektuellen skandieren 'Revolution, Revolution', aber ich sage, die Revolution muss in unseren Häusern beginnen, indem wir die Gleichberechtigung der Frauen erreichen."   Qiu Jin 秋瑾 (1875-1907)

Im Jahr 1906 veröffentlichte Qiu Jin "Eine respektvolle Proklamation an Chinas 200 Millionen Genossinnen", in der sie die Befreiung der Frauen (ein Ende der Fußfesselung und der arrangierten Ehe) sowie politische und soziale Reformen forderte.

Qiu Jin (秋瑾), chinesische Revolutionärin, Frauenrechtlerin und Schriftstellerin, wurde am 15. Juli 1907 im Alter von 31 Jahren in ihrem Heimatdorf Shanyin wegen ihrer Beteiligung am Anqing-Aufstand, einem Komplott zum Sturz der Qing-Dynastie, öffentlich geköpft.

Mao Zedong sagte einst, dass "Frauen die Hälfte des Himmels tragen".  Ein kraftvolles Manifest für die Gleichstellung der Geschlechter. Die Gleichstellung wurde bis heute nicht erreicht. Die Kommunistische Partei begegnet der mutigen und schwer kontrollierbaren feministischen Bewegung mit Repression.

Am Vorabend des Internationalen Frauentags 2015 verhaftete die chinesische Regierung 5 feministische Aktivistinnen und sperrte sie für 37 Tage ein.

Interviews mit den "5 Feministinnen" und weiteres über die wachsende feministische Bewegung in China

Journalistinnen bleiben in China und Hongkong hinter Gittern

(... ) Am Internationalen Frauentag 2022 hält die Internationale Journalisten-Föderation (IJF) inne und würdigt den Mut der Journalistinnen, die in China und Hongkong für Wahrheit, Gerechtigkeit und Informationsfreiheit kämpfen.
In Haft: Zhang Zhan, Haze Fan, Cheng Lei, Huang Xueqin, und Chan Pui-man
Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März stellt die IJF fünf Journalistinnen und Aktivistinnen vor, die derzeit in China und Hongkong inhaftiert sind. Laut der jährlichen Liste der getöteten Journalisten 2021 der IJF sind derzeit mindestens neun Journalistinnen in China inhaftiert, wobei die Gesamtzahl aufgrund des mangelnden Zugangs zu Informationen nicht eindeutig ist.

International Federation of Journalists 8.3.2022

Erfahrungen des feministischen Treffs Muchroom:

Vor der Eröffnung von Muchroom bekamen Zuoyi und Feibai Besuch von der örtlichen Polizei und mussten eine geplante Eröffnungsparty absagen. Die Gründerinnen berichten, dass sie auf die Polizeiwache vorgeladen, zu ihrer Geschäftslizenz befragt und ihnen geraten wurde, keinen Kontakt zu LGBTQ-Gruppen aufzunehmen. Der Beamte, der sie zunächst angesprochen hatte, tauchte später in einem anderen Raum auf, um sie während einer Veranstaltung zu belästigen.
Flohmarktstände vor dem Muchroom
Die Auseinandersetzungen mit der Polizei sind für Feibai und Zuoyi zur Routine geworden. Monatelang litten die Gründerinnen unter Selbstzensur und hatten Angst, etwas zu versuchen. Aber sie haben sich auf diese Umstände eingestellt. "Ich denke, dass wir aus dem Umgang mit der Polizei gelernt haben", sagt Zuoyi, der einige Beispiele dafür aufzählt, wie sie die Beschränkungen umgehen konnten. "Wir haben das Gefühl, dass wir die Freiheit, in unserem Raum Dinge zu tun, immer ein wenig erweitern konnten."

SupChina 8.3.2022

Die feministische Debatte entwickelt neue Formen und Wege.

Die feministische Influencerin, die auf Weibo unter dem Namen @Alex绝对是个妞儿 bekannt ist und dort mehr als 1 Million Follower hat, nutzt ihre Social-Media-Plattformen häufig, um das Bewusstsein für Frauenfragen in China zu schärfen. So hat sie beispielsweise Videos zu den Themen reproduktive Freiheit, sexuelle Belästigung und berufliche Chancen von Frauen gedreht.
Kürzlich hat sie eine neue Serie mit dem Titel International Menstrual Report veröffentlicht, in der sie über globale Nachrichten im Zusammenhang mit der Gleichstellung der Geschlechter und der Rolle der Frau berichtet.

radiichina 17.3.2022

Der Feminismus brachte die dynamischte und vielfältigste Bewegung im heutigen China hervor. Die Debatte findet nicht nur im bürgerlichen, sondern auch im proletarische Millieu statt. Die Auseinandersetzungen werden ausgetragen in der Familie, in den Medien, an der Universität, im Büro und in der Fabrik. Trotz der massiven staatlichen Repression, konnte diese Bewegung nicht zum Schweigen gebracht werden, im Gegenteil, diese Stimme ist lauter denn je.

Die Chinesische Arbeiterbewegung ließ sich von den Erfahrungen der Feministischen Bewegung inspirieren. Die Arbeiterbewegung wurde durch massive staatliche Repression und der Schließung von Labour-NGOs wichtiger organisatorischer Strukturen beraubt.  Man schaute sich daraufhin bei den Feministinnen einiges ab. Das Konzept einer führerlosen Bewegung und ein klandistines Arbeiten mit verschlüsselter Onlinekommunikation erschwert den Zugriff der Behörden, und die Verhaftung Einzelner führt nicht automatisch zu einem Zusammenbruch der Orgnisationsstrukturen.

Ein Labour-Aktivist berichtete, daß die von der Frauenbewegung übernommene Arbeitsweise, den an mehreren Orten gleichzeitig geführten Streik von LKW Fahrern ermöglichte. Insbesondere ein landesweiter Streik der Kranführer gilt als erfolgreiches Beispiel für einen horizontal organisierten Arbeitskampf.

Weitere Beiträge über Feminismus in China hier in diesem Blog.