September 10, 2025

Konkurrenzdruck und Mobbing im Bildungssektor

Proteste gegen Regierungsversagen und Polizeigewalt

Konkurrenzdruck und Mobbing im Bildungssektor

[Bild oben: Schule in China 1847, Quelle: Wikipedia]

Die Chinesische Regierung versucht es im internationalen wirtschaftlichen Konkurrenzkampf mit einem Gewaltakt im Bildungssektor. Die Bildungsoffensive für den Arbeitsmarkt ist weltweit ohne Beispiel. Bis zum Jahr 2023 gab es in China mehr als 11.000 Berufsschulen, einschließlich technischer Schulen, mit fast 35 Millionen eingeschriebenen Schülerinnen und Schülern und mehr als 10 Millionen Absolventinnen und Absolventen pro Jahr. Die Schülerzahlen an den Berufsschulen haben sich in den letzten 10 Jahren nahezu verdoppelt. Doch die Absolventen finden auf dem Arbeitsmarkt kaum Jobs, die ihren Erwartungen entsprechen.

Der Druck und die Frustration sind enorm und führen zu einer erhöhten Zahl an Übergriffen, Suiziden und Mobbingfällen.

An Chinas Schulen gibt es schon länger ein Gewaltproblem, laut lokalen Berichten ist die Zahl junger Männer und Frauen, die es mit den Strafbehörden zu tun bekamen, zwischen 2018 und 2024 um jährlich sieben Prozent gestiegen. Im Jahr 2020 wurde ein 15-jähriger Schuljunge zu Tode geprügelt, 2024 ein weiterer von Klassenkameraden getötet und vergraben, nachdem er über Jahre gemobbt worden war. Im Januar starb ein Junge im Schlafsaal seiner Schule. Das Erschütternde: Jugendliche filmen gewalttätige Übergriffe und stellen sie ins Internet.

berichtet der Spiegel am 9.8.2025

Doch der Spiegel schrieb auch, "In China wird jegliche Opposition sofort erstickt. Umso ungewöhnlicher, dass sich in Jiangyou jetzt über tausend Menschen auf die Straße wagten" und zeigt damit seine begrenzten Kenntnisse der Situation in China. Es ist zwar richtig, dass Repression die Standardantwort der Chinesischen Behörden auf Proteste ist. Doch Frustration und Wut sind in der Bevölkerung sind auf einem Niveau, bei dem Anlässe unterschiedlichster Art zu Protesten führen, die oft die Zahl von 1000 Teilnehmern überschreiten. Einige Beispiele aus der letzten Zeit:

Am 6.Juni brachen über 1000 Schüler wegen Temperaturen von 40°C aus ihrer Schule aus und überkletterten verschlossene Tore.
Über 1000 Schüler und Eltern in Fushun, Sichuan belagern vom 24. bis 25.6. die Lokalregierung wegen verdorbenem Fleisch in Schulkantinen
5.7.2025. Von Samstagabend bis Sonntagmorgen brach ein großer Protest aus. Es versammelten sich mehrere Tausend Menschen gegen die Gewalt der Polizei der Stadtverwaltung im Bezirk Longgang in Shenzhen, Guangdong.
Über 1000 Arbeiter der Aerospace Zhenbang Precision Machinery Co., Ltd. Gu'an County traten am 12. August in Hebei in den Streik
950 Arbeiter des Unternehmens Guangdong Shenzhen Advanced Semiconductor Equipment Co., Ltd. traten am 14.August in den Streik.
Ein Nudelrestaurant sorgte für öffentliche Empörung, weil es Löhne des Personals rurückhielt, fehlverhalten gegenüber den Auszubildeten zeigte, die Essenskuriere Mißhandelte und ein Kind öffentlich beleidigte, weil es einen Nudelnachschlag wollte. Am 18. August versammelten sich mehrere Tausend Menschen vor dem Restaurant in Zhengzhou, Henan.
Am 21.8.2025 traten 2000Arbeiter:innen der Maorui Electronics Factory in Dongguan, Guangdongin den Streik

Zurück zum Thema Gewalt und Mobbing an chinesischen Schulen. Der Bericht vom Spiegel kann hier nachgelesen werden.

Die Proteste rund um den Mobbingfall in Jiangyou wurden in dem "X" (twitter) Kanal von YesterdayBigCat ausführlich beschrieben:

Ein Fall von Mobbing unter Minderjährigen löste aufgrund der unfairen Vorgehensweise der Polizei eine große Demonstration in der Stadt Jiangyou in der Provinz Sichuan aus. Tausende Bürger setzten sich für das gemobbte Mädchen ein, wurden jedoch zweimal von der Polizei brutal unterdrückt. Während der Demonstration skandierten die Bürger den Slogan „Gebt uns unsere Demokratie zurück“. (Vielen Dank an alle Internetnutzer, die Beiträge eingereicht haben.)
In Jiangyou, Sichuan, haben sich heute Tausende Bürger für ein gemobbtes kleines Mädchen eingesetzt. In dem Video ist zu sehen, wie dieser junge Mann, der einen älteren Menschen beschützen wollte, der sich mit Beamten der Stabilitätserhaltung gestritten hatte, sofort von wütenden Polizisten vor Ort festgenommen wurde. Bei jedem ähnlichen groß angelegten Widerstand gibt es eine große Anzahl von Helden, die sich gegen die Ungerechtigkeiten einsetzen, unter denen andere leiden. Sie werden verhaftet, verurteilt, aber die Aufmerksamkeit, die sie erhalten, ist erbärmlich gering, und die meisten von ihnen werden der Welt unbekannt bleiben. Der Kanal „Yesterday“ wird in Kürze den Dokumentarfilm „Der Jiangyou Vorfall“ veröffentlichen.

YesterdayBigCat 4.8.2025

Die 38 minütige Doku kann bereits auf Youtube angesehen werden. Sie ist nicht untertitelt. Es lohnt aber, ein wenig herumzuscrollen, um einen Eindruck vom Ausmaß der Proteste und der Polizeigewalt zu bekommen.