September 16, 2022

Von der Hongkonger Polizei angeschossener protestierender Student verurteilt

Die Repression gegen Teilnemer:innen der Revolte geht weiter

Von der Hongkonger Polizei angeschossener protestierender Student verurteilt
Ein unbewaffneter Hongkonger, der vor drei Jahren während der Demokratieproteste von der Polizei angeschossen wurde, ist am Montag (29. August) wegen mehrerer Vorwürfe verurteilt worden - unter anderem wegen des Versuchs, die Schusswaffe zu stehlen, mit der er getroffen wurde.
Chow Pak-kwan, 23, wurde im November 2019, als Demonstranten zu einem stadtweiten Streik aufgerufen hatten, von einem Verkehrsbeamten vor einer U-Bahn-Station aus nächster Nähe angeschossen.
Chow verlor seine rechte Niere und erlitt Verletzungen an Leber und Wirbelsäule.
Die Schüsse wurden in einer Facebook-Live-Übertragung festgehalten. Sie zeigt, wie der Beamte seine Waffe zog und auf die Demonstranten zielte, die die Straße blockierten. Er rangelte kurz mit einem weiß gekleideten Demonstranten, als sich Chow näherte. Dann schoss er auf Chow und traf ihn in den Bauch.
Später wurde er angeklagt, er habe versucht, die Schusswaffe des Beamten zu stehlen, die Polizei zu behindern und versucht, sich der Verhaftung zu entziehen, weil er sich kurzzeitig befreite und trotz der Schusswunde ein paar Meter lief.
Ein zweiter studentischer Demonstrant, Woo Tsz-kin, 22, wurde ebenfalls angeklagt, weil er versucht hatte, die Waffe des Beamten zu entwenden und die Polizei zu behindern. Der Demonstrant in Weiß aus dem Video  wurde nie identifiziert.
Am Montag wurden sowohl Woo als auch Chow von der Bezirksrichterin Adriana Tse nach einem sechsmonatigen Verfahren verurteilt.
Richterin Tse befand, dass es für den Polizeibeamten, der aufgrund einer Anonymitätsanordnung nur als "A" bezeichnet wurde, angemessen war, sich bedroht zu fühlen und seine Schusswaffe zu ziehen, weil Menschen die Straßen blockierten und ihn verbal beschimpften.
"Obwohl beide Angeklagten keine Waffe bei sich trugen, konnten sie dennoch andere am Tatort aufhetzen und die Situation verschlimmern", urteilte Richterin Tse. (...)
Sowohl Chow als auch Woo wurden am Montag in Untersuchungshaft genommen, um auf die Urteilsverkündung im Oktober zu warten.

Straitstimes 29.8.2022

Im Zusammenhang mit den Protesten im Jahr 2019 wurden rund 10.250 Menschen festgenommen, von denen etwa 40 Prozent Schüler oder Studenten waren. (...)
Chow schrieb am Sonntagabend auf seiner Facebook-Seite, er sei auf das Schlimmste gefasst.
"Ich hoffe das Beste, bin aber auf das Schlimmste vorbereitet", schrieb er weiter. "Danke an alle, die mich in dieser Zeit unterstützt und sich um mich gekümmert haben. Ich habe euch alle so lange beunruhigt. Ich hoffe, dass alle gesund bleiben und das tun können, was sie tun wollen. Gießt Öl nach! ["Add oil" war ein verbreiteter Ruf bei den Straßenkämpfen.]  Ich werde auch stark bleiben."

HKFP 29.8.2022