November 28, 2021

Serbien: Sklavenähnliche Verhältnisse für vietnamesische Arbeiter bei chinesischem Unternehmen

Erneuter Skandal um Arbeitsbedingungen bei chinesischem Arbeitgeber in Serbien

Serbien: Sklavenähnliche Verhältnisse für vietnamesische Arbeiter bei chinesischem Unternehmen

"Chinesische Baustelle" in Serbien: Aktivisten sprechen von "Sklavenarbeit"

Rund 500 vietnamesische Arbeiter bauen in Serbien die erste chinesische Reifenfabrik in Europa - unter unmenschlichen Bedingungen, sagen Aktivisten. Kein Geld, keine Pässe, kein warmes Wasser. Die Regierung widerspricht.
"No food, no electricity", sagt ein vietnamesischer Arbeiter - viel mehr Englisch spricht er nicht. Die Journalisten sind schon wieder da. Dieser Mann und seine rund 500 Landsleute können nicht wirklich glauben, dass ihr Schicksal die Medien in Serbien schon seit Tagen beschäftigt und droht, ein Politikum zu werden. (...)
Strafanzeige wegen Menschenhandels
Doch das Märchen von der "eisernen Freundschaft" zwischen China und Serbien und der großartigen Chance der neuen Seidenstraße wird von Berichten über sklavenähnliche Arbeitsbedingungen auf der Baustelle getrübt.
"Es ist schrecklich. Die Menschen haben nicht mal ärztliche Hilfe", berichtet die Investigativ-Journalistin Ivana Gordić, die als erste über die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Vietnamesen berichtete. (...)
Präsident "bettelt" um chinesisches Geld
Alles nur eine "mediale und politische Kampagne" gegen chinesisches Kapital, sagt der serbische Präsident Aleksandar Vučić dazu.
"Wegen des öffentlichen Drucks haben wir Inspekteure dorthin geschickt. Die Bedingungen sind nicht gut, aber sie werden besser", gab Vučić zu, und fragte dann die Kritiker: "Sollen wir die Investition von 900 Millionen zerstören? Wir wollen auch den vietnamesischen Arbeitern helfen, aber ich werde die Investoren nicht verjagen."
Der starke Mann in Belgrad regiert das Land im Alleingang, es gibt praktisch keine Opposition und die größten Medien werden an der kurzen Leine gehalten. Obwohl Vučić für die EU-Mitgliedschaft seines Landes eintritt, spricht er offen darüber, wie er bei Chinas starkem Mann Xi Jinping um Investitionen "bettelt". (...)
Als bloße Werkbank der westlichen und chinesischen Firmen werde Serbien zunehmend zum "Bangladesch des Balkans", so Kritiker.
Arbeiter werden bedroht
Im Gespräch mit der DW erhebt Ćurčić im Fall Linglong schwere Vorwürfe. "Serbien ist in dieser Situation kein wohlmeinender Staat, eher ein Mittäter des Investors. Anders sind so gravierende Vernachlässigungen der lokalen und internationalen Gesetze und Konventionen nicht zu erklären."
Auch die deutsche Europaabgeordnete Viola von Cramon nannte die Bedingungen "inakzeptabel". "Vernünftige Arbeitsplätze und Menschenrechte müssen respektiert und für alle zugänglich sein", schrieb die Politikerin der Grünen auf Twitter.
Der serbische Außenminister bezeichnete das Statement als neuen Versuch der Politikerin, Serbien zu "dämonisieren".

Deutsche Welle 23.11.2021

Eine Gruppe von Europaabgeordneten hat die Behörden in Belgrad verärgert, nachdem sie diese aufgefordert haben, die „moderne Sklaverei“ in Serbien zu beenden. Bei den angeblichen Opfern handelt es sich um vietnamesische Arbeiter:innen, die von einem chinesischen Unternehmen in dem EU-Kandidatenland beschäftigt werden.
Die Arbeiter:innen wurden aus Vietnam über eine Agentur gebracht, die den Arbeitern zwischen 2.200 und 4.000 Dollar für ihre Dienste, einschließlich Transport, Visabeschaffung und Unterkunft, in Rechnung stellte. Die Arbeiter:innen wurden dann angeblich von der China Energy Engineering Group Tianjin Electric Power Construction Co. LTD angeheuert worden sein, wobei der Arbeitsbeginn nicht vereinbart wurde und die Zahlungen „in bar“ erfolgten.
Dem Bericht zufolge wird der Arbeitstag in Neun-Stunden-Schichten abgeleistet, und die Kosten für die persönliche Schutzausrüstung werden vom Lohn abgezogen. Darüber hinaus sind die Arbeitnehmer:innen verpflichtet, 26 Tage im Monat zu arbeiten; kommen sie dieser Verpflichtung nicht nach, verlieren sie den gesamten Monatslohn. Wenn sie zu spät zur Arbeit kommen, riskieren sie außerdem den Verlust des gesamten Tageslohns.
Die Arbeitnehmer:innen mussten auch ihre Reisepässe abgeben, und es wurde die Frage aufgeworfen, ob sie eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis haben.
In Bezug auf die Unterbringung stellte der Bericht fest, dass sie in Baracken in überfüllten Räumen mit Etagenbetten untergebracht waren. Diese Betten waren nicht mit Matratzen ausgestattet, sondern bestanden aus Holzbrettern, die mit einer dünnen Bettdecke bedeckt waren. Außerdem gab es nur zwei Toiletten für 500 Arbeiter:innen, unzureichende Abwassersysteme, einen ständigen Gasgeruch und viele weggeworfene und ungesicherte Gasflaschen.
Der NGO zufolge gab es auch keinen Strom und kein Trinkwasser, keine Heizung, und Duschen und Wäschewaschen mussten mit kaltem Wasser erfolgen.
Die Gesundheit der Arbeiter:innen war Berichten zufolge auch durch das Coronavirus bedroht. Sie wollten geimpft werden, aber als sie sich an die Betriebsleitung wandten, wurde ihnen gesagt, dass dies kompliziert sei und sie nicht geimpft werden könnten.
Auf ihrer Website schrieb die Europaabgeordnete von Cramon-Taubadel am Freitag (19. November), es sei „völlig inakzeptabel, dass ein aufstrebender EU-Mitgliedstaat den Bau und die Instandhaltung einer Fabrik toleriert, die Berichten zufolge mit Hilfe von Menschenhandel und Ausbeutung auf seinem Staatsgebiet betrieben wird“.
„Das Schweigen der serbischen Regierung zu dieser Zwangsarbeit bedeutet, dass sie sich mitschuldig an moderner Sklaverei macht“, so die Abgeordnete weiter. (...)
Der serbische Außenminister nahm von Cramon-Taubadel am Samstag ins Visier und beschuldigte sie, „eine aggressive antiserbische und antichinesische Agenda zu verfolgen, die nichts mit der Sorge um die Menschenrechte zu tun hat“. (...)

Euractiv 22.11.2021

Zur Erinnerung: Sklavenähnliche Verhältnisse in chinesischem Staatsbetrieb in Serbien