May 19, 2021

Die berüchtigten Stadtverwaltungsbeamten "Chengguan"

Dokumentarfilm über Widerstand gegen die gewalttätige städtische Hilfspolizei

Die berüchtigten Stadtverwaltungsbeamten "Chengguan"

Chengguan ist eine städtische Hilfspolizei und soll das städtische Verwaltungsrecht durchsetzen. Diese Truppe hat sich durch Gewalt und das Schikanieren von Straßenhändlern einen schlechten Ruf erarbeitet. Bereits 2013 schrieb Human Rights Watch:

Die chinesische Regierung soll gewaltsame Übergriffe durch die Chengguan-Hilfspolizei (城管执法) öffentlich verurteilen, so Human Rights Watch. Die Einheit ist nicht für Staftaten zuständig, sondern soll lediglich das städtische Verwaltungsrecht durchsetzen.
Die Regierung soll den Tod des Wassermelonenverkäufers Deng Zhengjia, der am 17. Juli 2013 in der Stadt Linwu in der Provinz Hunan angeblich durch einen Chengguan-Beamten getötet wurde, zum Anlass nehmen, eine gründliche und unabhängige Untersuchung des illegalen Gewalteinsatzes durch Chengguan-Beamte einzuleiten.
Die Chengguan schützen die Sicherheit der chinesischen Bürger nicht, sondern gefährden sie“, so Sophie Richardson, Direktorin für China Human Rights Watch. „Die chinesische Regierung soll zeigen, dass sie das Rechtsstaatsprinzip ernst nimmt, indem sie den Übergriffen und der Straflosigkeit der Chengguan ein Ende setzt.“
Augenzeugenberichten zufolge starb Deng an Kopfverletzungen, die ihm ein Chengguan-Beamter zufügte, nachdem er ihn des illegalen Straßenverkaufs beschuldigt hatte. Auf die Proteste nach Dengs Tod reagierte die Polizei in Linwu mit großer Härte. Medienberichten zufolge gingen die Beamten mit Schlagstöcken gegen Demonstranten und mindestens zwei Fernsehjournalisten vor.
Bereits im Mai 2009 hatte Human Rights Watch einen 76-seitigen Bericht mit dem Titel „Beat Him, Take Everything Away“ vorgelegt, der Menschenrechtsverletzungen durch Chengguan-Einheiten dokumentierte. (...)

Human Rights Watch 24.7.2013

2014:

Chengguan-Beamte nach Angriff durch große Menschenmenge schwer verletzt

Fünf Beamte der Stadtverwaltung in der Provinz Zhejiang wurden am Samstag von Hunderten wütender Einheimischer angegriffen, die sich über die Art und Weise ihrer Strafverfolgung ärgerten, wobei zwei von ihnen schwer verletzt wurden.
Der gewalttätige Konflikt wurde nach einem Streit zwischen den Beamten und einem Schaulustigen ausgelöst, der versuchte, Fotos von ihnen während ihrer Strafverfolgung (...) zu machen. Als der Schaulustige sich weigerte, die Fotos zu löschen, sollen die Beamten begonnen haben, ihn zu verprügeln, was eine große Anzahl von Schaulustigen anlockte.
Verärgert über die Gewalt, umzingelte die Menge die Beamten und hinderte sie daran, den Tatort zu verlassen. Die Spannung stieg weiter an, nachdem im Internet Gerüchte kursierten, dass sie einen Schaulustigen zu Tode geprügelt hätten. (...)

SCMP 20.4.2014

2020:

Angriff auf Chongqing "Chengguan" war Selbstverteidigung, sagt die Polizei

Ein virales Video zeigt, wie ein Beamter der Stadtverwaltung hinter einer Obstverkäuferin herläuft und sie schlägt, bevor sie ihn mit einem großen Messer angreift.

Sixth Tone 20.9.2020

Neuer Film über Widerstand gegen die Ordnungshüter

Chinas berüchtigte "Chengguan"

Chinas Stadtverwaltungsbeamte, oder "Chengguan", sind berüchtigt für ihr gewaltsames Vorgehen gegen städtische Straßenverkäufer. Doch in Chen Weijuns Dokumentarfilm "City Dream" beißt die Truppe mehr ab, als sie kauen kann.
Chinas Stadtverwaltungsbeamte, oder Chengguan, liefern sich seit Jahrzehnten ein intensives Katz-und-Maus-Spiel mit den örtlichen Straßenhändlern.
Die Chengguan, die mit der Säuberung der Straßen der Stadt beauftragt sind, sind berüchtigt für ihre hartnäckigen - und manchmal gewalttätigen - Versuche, nicht registrierte Geschäfte zu unterbinden. Trotz der Bemühungen der Regierung, die Polizei in den letzten Jahren zu reformieren, sorgen hässliche Vorfälle immer wieder für Schlagzeilen - sei es, dass Beamte einen behinderten Straßenkünstler beschuldigen, "das Image der Stadt zu beschmutzen", oder dass sie eine Obstverkäuferin verprügeln.
Aber in "City Dream", dem neuesten Film des renommierten Dokumentarfilmers Chen Weijun, treffen die Chengguan endlich auf ihren Meister.
Gedreht in der Innenstadt von Wuhan, folgt der Film einem älteren Migranten namens Wang Tiancheng, der sich verzweifelt - und letztlich erfolgreich - gegen eine Gruppe von Chengguan zur Wehr setzt, die sein Geschäft schließen sollen.

Aus einem Interview mit dem Filmemacher:

Um eine Geschichte über das moderne China zu erzählen, muss man sich mit dem Widerspruch zwischen Stadt und Land auseinandersetzen - mit den Konflikten, die entstehen, wenn Wanderarbeiter in die Stadt kommen. (...)
Wie sollte unsere Gesellschaft mit den Realitäten der Post-Urbanisierung umgehen? China urbanisiert sich seit Jahrzehnten. Wie wären solch glamouröse Stadtlandschaften möglich, wenn es nicht die Wanderarbeiter gäbe, die ihre Familien verlassen haben, um Hochhäuser zu bauen? Wie könnte das Land zur "Fabrik der Welt" werden, wenn nicht durch ihre Überstunden am Fließband?
Sie kamen, um Stadtträume zu verwirklichen, und sie taten, was sie tun sollten. Jetzt sollte man ihnen Anerkennung zollen. Ich hoffe, dass die Wanderarbeiter eines Tages aufwachen und sagen können: "Ich bin ein Stadtbewohner, und ich bin von der Stadt akzeptiert worden." Das ist es, was ich am meisten sagen möchte.

Sixth Tone 29.4.2021

New Film Turns the Tables on China’s Infamous ‘Chengguan’
China’s city management officers, or “chengguan,” are notorious for violent clampdowns on urban street vendors. But in Chen Weijun’s documentary “City Dream,” the force bites off more than it can chew.