February 8, 2021

Wanderarbeiter am stärksten von Arbeitsplatzverlusten im Jahr 2020 betroffen

Das China Labour Bulletin untersucht die Daten zum Arbeitsmarkt

Wanderarbeiter am stärksten von Arbeitsplatzverlusten im Jahr 2020 betroffen

China rühmte sich einer robusten wirtschaftlichen Erholung nach der ersten Welle der Covid-19-Pandemie im letzten Jahr, aber offizielle Statistiken bestätigen, dass ländliche Arbeitsmigranten, die mehr als ein Drittel der arbeitenden Bevölkerung ausmachen, schwere Arbeitsplatzverluste und eine Stagnation der Einkommen erlebten.

Die Zahl der in China beschäftigten ländlichen Arbeitsmigranten ist nach Angaben des Nationalen Statistikbüros (NBS) im vergangenen Jahr um mehr als fünf Millionen gesunken. Die Gesamtzahl der Arbeitsmigranten lag im Jahr 2020 bei 285,6 Millionen, verglichen mit 290,8 Millionen im Jahr 2019. Das Wachstum der Wanderarbeiterpopulation hatte sich in den letzten zehn Jahren verlangsamt; dies war jedoch das erste Mal, dass die Zahlen im Vergleich zum Vorjahr sanken.

Der Großteil des Rückgangs entfiel auf Fernwanderer, deren Zahl um 2,7 Prozent auf 169,6 Millionen sank, was darauf hindeutet, dass Arbeitsmigranten, die in größeren Städten in den wirtschaftlich besser entwickelten Gebieten Chinas leben, am stärksten vom wirtschaftlichen Abschwung betroffen waren. Im Gegensatz dazu sank die Zahl der Kurzstreckenwanderer, also derjenigen, die näher an ihrem Heimatort arbeiten, nur um 0,4 Prozent auf 116 Millionen.

Das Lohnniveau für Wanderarbeiter stieg im vergangenen Jahr nur um 2,8 Prozent, verglichen mit einem Anstieg von 6,5 Prozent im Jahr 2019. Die Gesamtinflationsrate lag im letzten Jahr bei 2,5 Prozent, was jegliche Lohnzuwächse effektiv neutralisierte. Der Durchschnittslohn für Arbeitsmigranten in China lag im vergangenen Jahr bei nur 4.072 Yuan pro Monat.

Die Lohnstagnation spiegelte sich auch in den Pro-Kopf-Konsumausgaben wider. Für ganz China sank dieser Wert im vergangenen Jahr um 4,0 Prozent, wenn man die Inflation berücksichtigt.

Nach Angaben des NBS wurden im vergangenen Jahr 11,9 Millionen neue Arbeitsplätze in den Städten geschaffen. Dies ist deutlich höher als das ursprüngliche Ziel von neun Millionen, aber immer noch niedriger als die 13,5 Millionen städtischen Arbeitsplätze, die 2019 geschaffen werden sollen.

Allerdings handelte es sich bei den neuen Arbeitsplätzen für Arbeitsmigranten tendenziell um schlecht bezahlte und prekäre Beschäftigung im Dienstleistungssektor. Zum Beispiel gab es in der ersten Jahreshälfte einen Zustrom von schätzungsweise einer halben Million Arbeiter - viele von ihnen wurden aus Fabriken entlassen - in die Lebensmittellieferbranche. Infolgedessen sank das Lohnniveau für die eingessenen Arbeiter dramatisch. Die Situation war so ernst, dass zahlreiche Lieferarbeiter streikten, um auf das Problem aufmerksam zu machen.

Der zunehmende Wettbewerb um Arbeitsplätze bedeutete, dass die Arbeitsmigranten keine andere Wahl hatten, als niedrigere Löhne, längere Arbeitszeiten und gefährliche Arbeitsbedingungen in den neuen Wachstumsbranchen zu akzeptieren. Die massive weltweite Nachfrage nach Gesichtsmasken zum Beispiel schuf lukrative Möglichkeiten für große Hersteller, die ihre Produktionslinien schnell umrüsten konnten. Im Frühjahr letzten Jahres stellte der Elektrofahrzeughersteller BYD mehrere Tausend Arbeiter für seine Maskenproduktionsanlage in Changsha ein, wo die Angestellten Berichten zufolge 12-Stunden-Schichten mit nur einem freien Tag pro Woche für nicht mehr als 6.000 Yuan pro Monat, einschließlich eines Produktivitätsbonus, arbeiteten. Das neue Arbeitsumfeld und die Arbeitsbedingungen führten Berichten zufolge zu einer Flut von Unfällen in der Fabrik.

Die Maßnahmen zur Pandemieprävention stellen eine enorme zusätzliche Belastung für Chinas Millionen von Reinungeungkräften dar, bei denen es sich überwiegend um Frauen und ältere Migranten vom Land handelt. Die überwiegende Mehrheit der Reinugungskräfte ist bei privaten Unternehmen angestellt, die ihren Beschäftigten viele Vorgaben machen und wenig Schutz vor Infektionen oder Arbeitsunfällen bieten. Im vergangenen Jahr wurden die Arbeitsaufgaben vieler Reinungskräfte erhöht, ohne dass sie eine entsprechende Lohnerhöhung erhielten.

Während Regierungsvertreter versuchen, ein positives Bild von Chinas wirtschaftlicher Erholung im Jahr 2021 zu zeichnen, gibt es immer noch wenige Anzeichen dafür, dass die am schlechtesten bezahlten Arbeiter des Landes davon profitieren. Wie wir im letzten Monat berichteten, kündigte keine der chinesischen Provinzen und Regionen eine Mindestlohnerhöhung für 2020 an, und mehrere Regionen haben einen offiziellen Mindestlohnstopp verhängt. Das Einfrieren des Mindestlohns wird wahrscheinlich auch in diesem Jahr fortgesetzt, was den Druck auf Wanderarbeiter noch erhöht.

CLB 19.1.2021