March 26, 2023

»Wir sollten die sozialen Kämpfe in den Mittelpunkt stellen«

Der Autor Ralf Ruckus über linke Opposition, Feminismus und Repression

»Wir sollten die sozialen Kämpfe in den Mittelpunkt stellen«

Ralf Ruckus mit einem Beitrag zur Debatte über die Entwicklungen in China. Er ist in sozialen Bewegungen aktiv und übersetzt und schreibt Texte zu Kämpfen von Arbeiter:innen, Migrant:innen und Frauen in China. Im März erscheint sein Buch »Die Linke in China. Eine Einführung« im Mandelbaum-Verlag.

Der ak führte ein Gespräch mit dem Autor.

Was macht die Opposition in China zu einer linken?
Sie kämpft für linke Ziele. Im Sozialismus bis Ende der 1970er Jahre richteten sich soziale Kämpfe und linke Gruppen gegen die Nichteinhaltung der revolutionären Versprechen. Ausbeutung und Unterdrückung waren nicht verschwunden, und die Minderheit der privilegierten städtischen Arbeiter*innen stand der Masse von prekär Beschäftigten, Migrant*innen und Landarbeiter*innen gegenüber. In der Übergangsperiode zum Kapitalismus wandten sich Kämpfe und linke Gruppen gegen die Parteidiktatur und forderten die demokratische Kontrolle in Betrieben und Institutionen. In den letzten 30 Jahren thematisierten Linke vor allem die soziale Ungleichheit, die harten Ausbeutungsbedingungen, die Willkür der Kapitalist*innen und die Ausgrenzung von Wanderarbeiter*innen. Und sie debattieren die Entwicklung des chinesischen Kapitalismus im Land und in der Welt. (...)
China galt ab 2010 als Mittelpunkt der globalen Arbeiter*innenunruhen. Wie sehen die Kämpfe heute aus?
(...) Seit Mitte der 2010er Jahre ist die Zahl der Kämpfe zurückgegangen. Streiks und andere Aktionen fanden jedoch weiter statt, auch während der Pandemie und gegen die Null-Covid-Strategie des Regimes wie im Herbst 2022 bei Foxconn in Zhengzhou und in proletarischen Stadtvierteln in Guangzhou. Mitte Februar fanden in Wuhan und Dalian Demonstrationen von Rentner*innen gegen die Kürzung von Krankenversicherungsleistungen statt, auch mit der Parole »Nieder mit der reaktionären Regierung«. (...)
Wie ist Solidarität von außen möglich?
Eine direkte Unterstützung linker Oppositioneller von außen ist momentan schwierig. Viele Aktivist*innen werden überwacht, eingeschüchtert, oder sind oder waren in Haft. Ich halte es dennoch für wichtig, Kontakte zu linken Gruppen in China auszubauen und sie an Debatten in der Linken anderswo zu beteiligen. Zudem müssen wir sicherstellen, dass ihre Kritik am kapitalistischen Regime in China sichtbar bleibt. Gerade in der Debatte über den Charakter der Volksrepublik und der KPCh sollten wir die sozialen Kämpfe in China und die Positionen der dortigen linken Opposition in den Mittelpunkt stellen.
Die Anbiederung an das KPCh-Regime wie von Teilen der Partei Die Linke bedeutet nichts weniger als die Unterstützung eines rechten Regimes in einem kapitalistischen China.

Das ganze Interview findet man im ak vom 21. März 2023