Wirtschaftsdaten und Konflikte
Zahlen und Daten zu Ökonomie und gesellschaftlicher Spaltung
Das Mercator Institute for China Studies (MERICS) beschäftigt sich mit der ökonomischen Situation von Wirtschaft und Bevölkerung Chinas in der Coronakrise:
Rund 600 Millionen chinesische Bürger leben nach Angaben von Chinas Premier Li Keqiang immer noch von einem monatlichen Einkommen von 1000 Yuan (rund 140 USD/124 EUR). Das bedeutet, dass 43 Prozent der 1,4 Milliarden Einwohner Chinas mit weniger als fünf US-Dollar pro Tag auskommen müssen. Die Weltbank geht davon aus, dass die Armut nach der Covid-19-Pandemie zunehmen wird. (Quelle: SCMP)
Wie aus Daten des Nationalen Statistikbüros zum Monat Mai hervorgeht, gingen die Anlageinvestitionen seit Jahresbeginn im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum um 6,3 Prozent zurück. Gerechnet auf die ersten vier Monate des Jahres hatte der Rückgang im Vergleich zum Vorjahreszeitraum bei 10,3 Prozent gelegen. Die Einzelhandelsumsätze lagen nur noch 13,5 Prozent unter dem Ergebnis des Vorjahreszeitraums (Januar - April: 16,2%). Exporte gingen in den ersten fünf Monaten um 7,7, Prozent zurück (Januar - April: 9%). (...) Die aktuellen Daten zeigen, dass die Unterstützungsmaßnahmen der Regierung und die Abwertung der Währung Investitionen und Exporte gestützt haben. Aber China ist keineswegs über den Berg.
Die South China Morning Post weist auch auf das Wirtschaftsgefälle im Land hin:
China hat auch eines der größten Wohlstandsgefälle der Welt. Der Gini-Koeffizient - ein Maß für die Vermögensungleichheit einer Bevölkerung - stieg 2017 das zweite Jahr in Folge auf 0,4670, was eine starke Einkommensungleichheit bedeutet. China hat den Koeffizienten in den letzten zwei Jahren nicht veröffentlicht.
South China Morning Post 29.5.2020
MERICS geht in diesem Zusammenhang auch auf politische Konflikte im Land ein:
Unterschiedliche Ansichten über die Handhabung und Rolle von Straßenverkäufern für Chinas Wirtschaftserholung haben schon länger vermutete Differenzen zwischen Staats- und Parteichef Xi Jinping und Ministerpräsident Li Keqiang offenbart. Li lobte bei einem Besuch in der Provinz Shandong Anfang Juni Straßenverkäufer für ihren Beitrag zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Der Begriff „Straßenverkaufs-Wirtschaft“ (地摊经济) wurde schnell zum geflügelten Wort. Xis Regierung hingegen ging zuletzt insbesondere in Beijing hart gegen Straßenverkäufer vor und parteistaatliche Medienberichte relativierten rasch Lis Äußerungen. (...) Auch zeigte er [Li] sich besorgt über die wachsende Arbeitslosigkeit – ein starker Kontrast zum optimistischen Narrativ des Xi-Lagers. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs), darunter auch Straßenverkäufer, schaffen 80 Prozent der Arbeitsplätze und tragen 60 Prozent zum chinesischen Bruttoinlandsprodukt (BIP) bei. Ihr Überleben ist für Chinas wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Stabilität daher entscheidend.
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Äußerungen zu „Black Lives Matter“ zeigen Chinas ambivalente Haltung zum Thema Rassismus
Chinesische Staatsmedien fokussierten in ihren Berichten auf Kritik am politischen und sozialen System der USA. Eine Außenministeriumssprecherin tweetete lediglich eine knappe Unterstützungsbotschaft für „afrikanische Freunde“, die sie mit dem sehr allgemeinen Zusatz „all lives matter“ ergänzte. Auf chinesischen Social-Media-Plattformen beherrscht indes Kritik an in China lebenden Afrikanern die Diskussionen über das Thema. Diese haben auch in China nicht immer einen leichten Stand: Während der Corona-Epidemie kam es zu Diskriminierung und Misshandlungen afrikanischer Migranten in Guangzhou. (...) „Die Kommentare der chinesischen Staatsmedien und der Öffentlichkeit sind besorgniserregend. Sie zeigen auch die große Diskrepanz zwischen Chinas ‚freundschaftlichen‘ diplomatischen Beziehungen zu afrikanischen Ländern und den Konflikten der chinesischen Gesellschaft mit afrikanischen Migranten“, sagt MERICS-Expertin Yishu Mao."
MERICS bezieht sich zum Teil auf folgenden Artikel der South China Morning Post. Er enthält auch mehrere Videobeiträge zum Thema.