Geschichte, aktuelle Situation und Probleme der chinesischen Gewerkschaften

Der Beitrag "Geschichte, aktuelle Situation und Probleme der chinesischen Gewerkschaften" von Huang Ai wird hier in Auszügen übersetzt - die Teile 2 und 4 des sehr ausführlichen Beitrags fand die Redaktion Infoexchange die für LeserInnen in der BRD interessantesten Textteile. Sie umfassen eine weitgehend chronologische Darstellung der Entwicklung von Gewerkschaften und Gewerkschaftsgesetzen in der VR China bis 1998 und im zweiten Teil theoretische Probleme der Gewerkschaftsgesetze. Der Autor geht dabei vom Standpunkt aus, die marktwirtschaftlichen Reformen der letzten 30 Jahre positiv zu sehen - und leitet daraus die Notwendigkeit funktionierender Gewerkschaften und eines gesetzlich verbrieften Streikrechts ab.

2. Entwicklung und Veränderung des Gewerkschaftsrechts und der Gewerkschaftsbewegung im Neuen China


Die Gewerkschaftsbewegung des Neuen China durchlief eine lange und schwierige Entwicklung.
Generell florierte die Gewerkschaftsbewegung in der Zeit um 1949, erlitt dann jedoch unter dem Druck der radikalen „Linken“ bedeutende Rückschläge. Während der Kulturrevolution wurde sie endgültig zerschlagen und so gut wie eingestellt. Erst nach den 1970er Jahren lebte sie erneut auf. Die Gewerkschaftsgesetzgebung der Jahre 1950, 1992 und 2001 spiegelt wider, wie sehr die wirtschaftliche Entwicklung der neuen chinesischen Gesellschaft einer Gewerkschaftsbewegung bedarf. Das Gewerkschaftsrecht trug nicht nur in der Blüte der Gewerkschaftsbewegung und des Gewerkschaftsrechtes, sondern auch unter schwierigen historischen Bedingungen zum Fortbestand der Gewerkschaften bei und ist daher essenziell.


2.1 Das Gewerkschaftsrecht der 1950er Jahre und die Gewerkschaftsbewegung von 1947 bis 1953

Nach der Befreiung und Harmonisierung von Beiping im Jahr 1949 errangen die Volksunternehmen Chinas einen nationalen Triumpf. Die befreiten Städte und Gebiete richteten sich bei der Bestimmung der Gewerkschaftsrichtlinien und Aufgabenbereiche nach den „6 großen Arbeiten“1 und gründeten mit sofortiger Wirkung Institutionen der gewerkschaftlichen Führungsorgane. Arbeiter aller Industriezweige gründeten eigenständig oder unter Anleitung Gewerkschaftsorganisationen.
Im Neuen China gab es zunächst Staatswirtschaft, privatkapitalistische Wirtschaft, mikro- und
makroökonomische Handwerks- und Bauernwirtschaft, sowie Kooperationen zwischen staatlicher und privatkapitalistischer Wirtschaft. Der Arbeiteranteil innerhalb dieser fünf Wirtschaftsbereiche belief sich schon 1949 auf 8,09 Millionen Menschen, von denen der größte Teil bereits in Gewerkschaften erfasst war. Die Gewerkschaften nahmen unter der Richtlinie „die Produktion entwickeln, die Wirtschaft florieren lassen, Öffentliches und Privates gleichstellen, doppelter Profit von Arbeit und Kapital“ ihre Arbeit auf. Die Entwicklung und Erneuerung der Produktion war zunächst die wichtigste Aufgabe der sich Gewerkschaftsmobilisierung und Arbeiterorganisationen widmeten. Außerdem setzten sie sich energisch für die Verbesserung der Lebensqualität und der Arbeitsverhältnisse ein, die nach dem Umkippen der Mitarbeiter nach 1949 dringend erforderlich war. Der Allchinesische Gewerkschaftsbund veröffentlichte am 22.November 1949 drei Papiere: die „Vorläufige Richtlinie zum Beschluss des
Arbeitsrechtstreits“, „Zur vorläufigen Methode, die Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital zu regeln“, und die „Vorläufige Methode zur Schließung von Kollektivverträgen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus privaten Industrie- und Handelsunternehmen“, und bat die regionalen Arbeitervereinigungen diese mit der Bitte um Adaption an die Regionalregierung weiterzuleiten. Die drei Dokumente erwiesen sich für die Stabilisierung der Arbeits- und Kapitalzusammenhänge und den Schutz der Arbeitnehmerrechte und -interessen als sehr nützlich. Am 29. Juni 1950 erließ die neue chinesische Regierung im größten Wirbel der Aufbruchsstimmung das „Gewerkschaftsrecht der Volksrepublik“, und ließ so die Wertschätzung der Gewerkschaftsbewegung sowohl bei der Partei als auch beim Land hinreichend
erkennen. Der Erlass dieses Gewerkschaftsgesetzes spiegelt zutiefst die fundamentale Veränderung des politischen Status der Arbeiterklasse und der Gewerkschaftsorganisationen in der Nachbefreiungsgesellschaft wider. Neben den ebenfalls zu ca. gleichen Zeit erlassenen Heirats- und Bodengesetzen zählt es zu den drei größten Gesetzen in der Gründungsphase der Republik.
Das Gewerkschaftsgesetz von 1950 beinhaltete 5 Kapitel und 26 Artikel, die die generellen Richtlinien, Rechte und Pflichten der Gewerkschaft, ihren Status als Basisorganisation, ihre Finanzierung, und weitere Maßstäbe festlegte. Die Paragraphen waren klar und übersichtlich, der Inhalt prägnant. Der Schwerpunkt lag auf ihrer Eigenschaft als Graswurzelorganisation. Das Gewerkschaftsrecht berechtigte
alle Lohnarbeiter zur Gründung von Gewerkschaften, legte den Allgemeinen Chinesischen Arbeiterbund (ACGB) als höchstes Führungsorgan der Gewerkschaften fest, berechtigte die
Unternehmensgewerkschaft zur Teilnahme an Verhandlung und Abschluss des kollektiven Vertrags zwischen Produktionsmanagement, Arbeit und Kapital, und legte die monatliche Zahlung der Gewerkschaftsbeiträge durch die Basisunternehmen fest, etc. Das Gesetz trieb die Entwicklung der Gewerkschaftsbewegung weiter voran. Obwohl sich die Situation innerhalb der folgenden Jahrzehnte stark veränderte, blieben die Strukturen des Gewerkschaftsrechtes bis zum Erlass des neuen Gewerkschaftsrechtes 1992 weitgehend unverändert.


2.2 Die Gewerkschaftsbewegung erfährt Rückschläge und stellt ihre Aktivitäten ein


Diese Entwicklung zeichnete sich in den knapp 25 Jahren zwischen 1952 und 1976 ab. Der Fall der Gewerkschaftsbewegung zeigt, wie sensibel die chinesische Demokratie und der Aufbau des
Rechtssystems auf Rückschläge reagierten. Auf der vom 13. bis 23. Dezember 1951 abgehaltenen Konferenz zum Ausbau der Parteiorganisationen kritisierte Li Lisan u.a., dass „der kurzsichtige Experimentalismus und die Distanz zu den Parteiführern eine Distanz zur Realität und zu den Massen schaffe und somit Tendenzen einer sozialdemokratischen Partei offenbare“. Diese Kritik verwirrte die Gewerkschaftskader zusätzlich und beeinflusste die Anfänge der Gewerkschaftsarbeit erheblich.
Im Mai 1953 fand in Peking die Nationale Vollversammlung der Gewerkschaftsvertreter, die sog. „7. Nationale Vertreterversammlung“ statt und ersetzte so die Nationale Arbeiterversammlung, die in den Vorjahren bereits 6mal getagt hatte. Ihr folgte im Dezember 1957 die 8. Chinesische Versammlung der Gewerkschaftvertreter. Bei beiden Versammlungen wurde die „Verfassung der chinesischen Gewerkschaft“ verabschiedet und Lai Ruoyu als Präsident der Versammlung gewählt. Damit kündigte sich in der Gewerkschaftsarbeit ein neuer Wind an.
Nachdem im Mai 1966 die Kulturrevolution begann, stellte der Gewerkschaftsbund 6 Monate seine Aktivitäten ein. Im Januar 1967 wurde das gesamte Kapital eingefroren und alle Aktivitäten komplett eingestellt. Nach 1972 nahmen erste Kader ihre Arbeit wieder auf. Gleichzeitig ersetzten regionale Gewerkschaften und Basisgewerkschaften wiederum die Arbeitervertreterversammlungen. Nach 1974 wurden die Arbeitervertreterversammlungen nach und nach geschlossen und die Gewerkschaftsarbeit wieder aufgenommen. Trotzdem kam es auch im Anschluss noch zu Klassenkämpfen, die die Wiederaufnahme der regulären Arbeit behinderten.2

2.3 Wiederherstellung und Neuorganisation der Gewerkschaftsorganisationen und der Entwurf des Gewerkschaftsrechtes 1992


Nach der Zerschlagung der Viererbande wurde die Arbeit der Gewerkschaften mit vollem Elan wieder aufgenommen. Im Oktober der Jahre 1978, 1983 und 1988 wurde in Peking die 9., 10. und 11. Chinesische Vollversammlung der Gewerkschaftsvertreter abgehalten. Nachdem die Gewerkschaften ihre reguläre Arbeit wieder aufgenommen hatten, wuchs ihre Mitgliederzahl 1957 auf 16,3 Millionen und 1984 auf 80,3 Millionen an, so dass ca. 60% bis 70% der gesamten chinesischen Arbeiterschaft Gewerkschaftsmitglieder waren. Nach der elften Plenarsitzung der KP im Dezember 1978 brach eine neue Phase an, in der der Aufbau der Wirtschaft in den Mittelpunkt rückte und das Festhalten an den vier Prinzipien sowie der Richtline „Reform und Öffnung“ bestätigt wurde. Verglichen mit dem anfänglich vorherrschenden sozialistischem Gemeineigentum veränderten sich die sozioökonomischen Strukturen somit drastisch. Auch in den Arbeitsverhältnissen des öffentlichen Sektors gab es zahlreiche Arbeitsstreite. Der Schutz der der Arbeitnehmerinteressen war wiederum dringend notwendig, und die
Organisation, Ausbildung und Mobilisierung der Arbeitermassen für die aktive Wiederherstellung der Wirtschaft und den Aufbau der Gewerkschaftsbewegung, wurde zum neuen erklärten Ziel der Gewerkschaften. Das 1950 erlassene Gewerkschaftsgesetz hatte Schwierigkeiten, all diese Aspekte zu berücksichtigen, und die Entwicklung eines neuen Gewerkschaftsgesetzes wurde unter den veränderten Umständen zu einem dringenden juristischen Thema. 3
Seit die Arbeit an einem Entwurf für das neue Gewerkschaftsgesetz Ende des Jahres 1978 aufgenommen wurde, wurde der Gesetzestext bereits 40mal geändert. Zwischenzeitlich feierte die Politik der „Reform und Öffnung“ große Erfolge und erreichte die Diversifizierung der wirtschaftlichen Strukturen. Die wirtschaftlichen Veränderungen erforderten allerdings auch einen größeren rechtlichen Schutz der Arbeitnehmer durch die Gewerkschaft. Das neue Gewerkschaftsgesetz wurde am 3. April 1992 vom Nationalen Volkskongress verabschiedet und trat umgehend Kraft. Das Gewerkschaftsgesetz von 1992 wurde auf 6 Kapitel und 42 Artikel erweitert. Teilweise wurden Inhalte aus dem Gewerkschaftsgesetz von 1950 übernommen. Außerdem wurden neuere Punkte hinzugefügt, z.B. erhielten die Gewerkschaften Mitspracherecht, die Gewerkschaft konnte als juristische Person eingesetzt werden, sie
erhielt das Recht an Arbeiterverhandlungen teilzunehmen, und in Fällen von Arbeitsniederlegungen und Sabotage unterstützen. Das neue Gewerkschaftsgesetz spiegelt wider, wie notwendig eine Entwicklung der Gewerkschaftsbewegung für die neue Ära war.


2.4 Die Entwicklung der sozialistischen Marktwirtschaft und die Verbesserung des
Gewerkschaftsgesetzes 2001


Ein halbes Jahr nach dem Erlass des Gewerkschaftsgesetzes von 1992 setzte sich der 14.
Nationalkongress der Kommunistischen Partei zum Ziel, ein sozialistisches Marktwirtschaftssystem einzurichten. Die vom Nationalen Volkskongress im März 1993 erlassene Verfassungsänderung enthält die „Errichtung einer sozialistischen Marktwirtschaft“ hinzu. 9 Jahre später hat sich die sozialistische Marktwirtschaft stark weiterentwickelt und das private Eigentum massiv zugenommen. Arbeits- und Wirtschaftsverhältnisse sind zunehmend diversifiziert und komplex geworden. Arbeitgeber haben die Arbeitnehmerrechte wiederholt verletzt, so sind Fälle von fehlenden oder nicht erfüllten Verträgen, ausstehenden Löhnen, übermäßigen Überstunden, mangelhaften Sicherheits- und Hygienebedingungen und nicht gezahlten Sozialversicherungsbeiträgen an der Tagesordnung. Einige
staatliche Unternehmen und ihre Leitung ignorierten die demokratischen Rechte der Arbeitnehmer, richteten während der Umstrukturierung der Unternehmen schwarze Konten ein und verletzten so die Arbeitnehmerrechte schwer.3

Nach der Inkraftsetzung des “Arbeitsrechtes” am 1. Januar 1995 hat sich die Situation merklich
verbessert. Die Arbeitnehmer machen vom “Arbeitsrecht” Gebrauch, um ihre Interessen zu verteidigen.
Aus diesem Grund steigt die Anzahl der Arbeitsrechtsstreite von Jahr zu Jahr an. Die Anwendung des Gesetzes muss durch die Gewerkschaften kontrolliert werden. Auch der Kampf der Arbeitnehmer zur Verteidigung ihrer Interessen und die Verbesserung des Arbeitsgesetzes erfordert die aktive Unterstützung der Gewerkschaften.
Die während der Entwicklung der sozialistischen Marktwirtschaft aufgetretenen komplexen Umstände erfordern eine Stärkung von Einfluss und Position der Gewerkschaften. Das Gewerkschaftsgesetz von 1992 resultierte aus der Umstellung von Planwirtschaft auf sozialistische Marktwirtschaft, doch wird die Verantwortung, den Schutz der Gewerkschaften zu gewährleisten, deutlich schwerer zu tragen sein und weitere Änderungen werden folgen müssen. In der 12. und 13. Landesweiten Delegiertenversammlung des Chinesischen Gewerkschaftsbundes, die im Oktober 1993 und 1998 tagte, sprachen sich die
Gewerkschaftsvertreter für eine gewissenhafte Umsetzung des Gewerkschaftsgesetzes und seine zeitgemäße Anpassung aus.
Am 27. Oktober 2001 entschied das 9. Ständige Komitee des Nationalen Volkskongresses positiv im Sinne einer Änderung des Gewerkschaftsgesetzes. Das Gewerkschaftsgesetz von 1992 galt vor allem für staats- und kollektiveigene Unternehmen. Das revidierte Gewerkschaftsgesetz wurde auf 7 Kapitel und 57 Artikel erweitert und enthielt nicht nur die Versammlung der Arbeitnehmervertreter und das demokratischen Management betreffende Inhalte, sondern erstreckte sich nunmehr auch auf alle Unternehmensarten. Das revidierte Gewerkschaftsgesetz betont „den Schutz der legitimen Interessen und Rechte der Arbeitnehmer als essentielle Aufgabe der Gewerkschaft“ und hebt einen verstärkten Schutz der Kader und des Rechts der Arbeiter, Mitglied einer Gewerkschaft zu sein und Gewerkschaften zu organisieren, hervor. Der Artikel „legale Haftbarkeit“ schützt nicht nur Autorität und Strenge des
Gewerkschaftsgesetzes, sondern betont auch noch einmal ausdrücklich die Operabilität der
Durchführung. die Entwicklungen und Veränderungen des Gewerkschaftsgesetzes in den letzten fünfzig Jahren spiegeln die progressive Entwicklung der Wirtschaft und ihre objektiven Bedürfnisse wider.


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4. Die Gewerkschaftsbewegung und theoretische Probleme in der Gewerkschaftsgesetzgebung


4.1 Schwierigkeiten bei der Finanzierung der Gewerkschaft durch die Arbeitgeberseite


Alle drei chinesischen Gewerkschaftsgesetze legten die Herkunft der Gewerkschaftsfinanzen fest.
Die Gewerkschaften finanzieren sich durch Mitgliedsbeiträge der Gewerkschaftsmitglieder,
gewerkschaftseigene Unternehmen, das Einkommen von Institutionen, Regierungssubventionen, etc.
Beachtenswert ist die Regelung, dass die Arbeitgeber für die Gewerkschaftsmittel aufkommen müssen.
Das Gewerkschaftsrecht von 1992 legt fest, dass alle Staatsunternehmen, Kollektivbetriebe,
Einrichtungen und Organe der Gewerkschaftsorganisationen monatlich 2% ihres Einkommens als
Gewerkschaftsbeitrag entrichten. Unternehmen, die mit ausländischem Kapital finanziert werden, entrichten ihren Beitrag dagegen „gemäß der relevanten staatlichen Bestimmung“, und anderen Regelungen, so dass ihr Beitrag nicht unbedingt 2% des Gehalts beträgt. Das revisierte
Gewerkschaftsrecht von 2001 erneuerte die Richtlinien des Gewerkschaftsrechts von 1950 und legte zusätzlich fest, dass alle Arbeitgeber 2% der Lohnsumme als Gewerkschaftsbeitrag entrichten.
Betrachtet man die Situation in anderen Ländern wird die Finanzierung der Gewerkschaften im
Allgemeinen entweder durch das Gewerkschaftsrechts, das Arbeitsrecht oder die Gewerkschaftssatzung festgelegt. Neben den Gewerkschaftsbeiträgen der Mitglieder sind Einkünfte aus den Gewerkschaftsinstitutionen und Spenden weitere Einnahmequellen. Einige Länder haben eigens ein System eingerichtet, das die Verwendung und Herkunft der Gewerkschaftsfinanzen kontrolliert. Zum Beispiel legt das „Japanische Gewerkschaftsrecht“ fest, dass z.B. Sozialhilfe und wirtschaftliche Interessen innerhalb der regulären Arbeitszeiten mit den Arbeitgebern verhandelt werden können, ohne dass eine Lohnkürzung hingenommen werden muss, und dass der Arbeitgeber „die Gewerkschaftsaktivitäten nicht finanziell unterstützen/die Gewerkschaft nicht bestechen“ darf/dürfen.
Das „Französische Arbeitsgesetzbuch“ legt sogar fest, dass die Arbeitgeber den Gewerkschaftsbeitrag nicht stellvertretend für die Arbeitnehmer von deren Lohn abziehen dürfen. Um dies zu verhindern, wird der Gewerkschaftsbeitrag nur außerhalb der Arbeitszeiten und nicht auf dem Arbeitsgelände eingesammelt. Diese Bestimmungen beweisen, dass die Gewerkschaft eine freiwillige Arbeitnehmerorganisation ist. Vor allem der Massencharakter, der auf dem Engagement der Arbeitnehmer basiert, aber auch die Früchte der Gewerkschaftsarbeit machen eine Mitgliedschaft attraktiv, und erzeugen Enthusiasmus für eine aktive Teilnahme an ihren Aktivitäten.
Das Gewerkschaftsrecht, dessen Inkraftsetzung die alte chinesische Nationalregierung 1929 verkündete, bestimmt, dass die Aufnahmegebühr für Gewerkschaftsmitglieder pro Kopf nicht höher als einen Yuan sein darf. Der reguläre Mitgliedsbeitrag durfte nicht mehr als zwei Prozent vom Lohn eines Mitglieds betragen. „Besondere Fonds, Erträge aus gelegentlichen Fundraisings oder Aktien dürfen erst nach der Genehmigung durch die zuständigen Aufsichtsorgane eingezogen werden“. Dass nach dem chinesischen Gewerkschaftsrecht die Arbeitgeber die Gewerkschaften finanzieren müssen, ist weltweit ausnahmslos.
Zur Zeit der chinesischen Planwirtschaft wurden die Gewerkschaftsaktivitäten finanziell durch die niedrigen Löhne, den niedrigen Konsum, das geringe Einkommen der Arbeitnehmer und den auf jeweils 1% des Lohns festgelegten Mitgliedsbeitrag eingeschränkt und erschwert. Nach der marxistischen Theorie soll die gesamtgesellschaftliche, durch Arbeit generierte Produktion anteilig für die Wartung der Gebrauchsgüter, die Expansion der Produktion, den Umgang mit Unfällen oder Schäden durch Naturkatastrophen, als Reserve und Versicherungsfond verwendet werden. Von einem zweiten restlichen Teil des Budgets für Gebrauchsgüter müssen noch die Managementgebühren, Ausgaben für Schulgründungen, Einrichtungen des Gesundheitswesens und Fonds für Arbeitsunfähige abgezogen werden.4
Unter der traditionellen Planwirtschaft ist das Sparvolumen der Bürger über die Jahre um 30%
gestiegen, was die Investititonsrate von 20% in den entwickelten Ländern proportional um ein vielfaches übersteigt. Die Löhne sind bei weitem nicht so stark gestiegen, wie die Arbeitsproduktivität gewachsen ist. Dies bedeutet, dass der Teil, der von dem durch die Arbeitskraft produzierten Wert vor der Konsumverteilung abgezogen wird, verglichen mit dem zuvor in der marxisitischen Diskussion erwähnten Abzug, etwas höher ausfallen müsste. Der überschüssige Anteil soll zur Stärkung der industriellen Basis und die Bildung staatlicher Vermögensbestände verwendet werden.5 Die 2% Gewerkschaftskosten, die die Arbeitgeber nach dem Gewerkschaftsrecht entrichten müssen, sind eigentlich nur ein kleiner Teil von einem Überschussbetrag. Anders ausgedrückt bedeutet dies nichts weiter, als dass ein kleiner Betrag des bereits abgezogenen Betrags den Arbeitnehmern zurückerstattet wird, jedoch erhalten sie ihn nicht als Einzelperson, sondern in Form der Organisation der Gewerkschaft.
Aus diesem Grund müsste diese Bestimmung des Gewerkschaftsrechts eigentlich korrigiert werden. Die damalige Gewerkschaft wurde allerdings ohne staatliche finanzielle Unterstützung eigenständig von den Arbeitermassen gegründet.
Die Bestimmung zur Abgabe der Gewerkschaftskosten im Gewerkschaftsrecht von 2001 bedarf
einer tiefergehenden Analyse. Die Gewerkschaftsmittel sind steuerlich anerkannte Ausgaben, so dass ein kleiner Teil steuerlich vom Staat eingezogen wird. Es gibt zehntausende hauptamtliche Kader aller Stufen in den Gewerkschaftsbünden und Industriegewerkschaften, deren Löhne und Sozialversicherung aus dem Budget der Basisgewerkschaften nach den festgelegten Maßstäben/Bestimmungen abgeführt werden. Dieses Vorgehen ist über die Jahrzehnte zur Gewohnheit geworden.
Allerdings dürfte die rechtlich festgelegte Praxis, dass die Arbeitnehmer für die Gewerkschaftsmittel aufkommen, vor dem Hintergrund der sozialistischen Marktwirtschaft und dem Beitritt Chinas zur WTO nur eine Übergangslösung und keine dauerhafte Praxis sein, da sie nicht mit der internationalen Praxis und den internationalen Bestimmungen zu Arbeitsrichtlinien konform geht. Außerdem könnten leichtsinnige Zahlungen an Arbeitgeber, also auch Privatunternehmer und ausländische Investoren, den Eindruck „arrangierter“ Gewerkschaften erwecken, und schwere Konsequenzen, wie z.B. eine verstärkte Kontrolle der Gewerkschaften oder die Einschränkungen ihrer unabhängigen Aktivitäten nach sich ziehen. Einige staatliche Unternehmen sehen die Gewerkschaften als „Verwaltungseinheiten dritter
Klasse“ oder „Logistik zweiten Ranges“, besprechen wichtige Arbeitsinteressen und Arbeitsrechte nicht mit ihren Angestellten und entsenden die Gewerkschaftskader nur zu einigen repräsentativen Tätigkeiten, wie z.B. der Dekoration von Konferenzsälen, etc. Es kam sogar zu skurrilen Fällen, in denen ein Unternehmen ihren Gewerkschaftskader zu einem Prozess in einem Arbeitsstreit als Repräsentant der Arbeitnehmer in den Gerichtssaal schickte.
Die Unternehmen finanzieren mit ihren Einnahmen Serviceeinrichtungen für die Arbeitnehmer und
andere Institutionen, die gegen eine geringe Aufwandsentschädigung Weiterbildungen, Rechtsbeistand, Jahreszahlungen des Unternehmens, Kultur- und Sportsaktivitäten und weitere nützliche Services anbieten und es ist durchaus möglich, die Kosten für diese wichtigen Aktivitäten der Gewerkschaften aus Quellen wie Mitgliedsbeiträgen, Spenden, Regierungssubventionen, etc. zu finanzieren. Der ehemalige Westdeutsche Gewerkschaftsbund, der in den späten 1970er Jahren die größte westdeutsche industriewirtschaftliche Aktiengesellschaft betrieb, verfügte über ein Vermögen von 250 Milliarden
Dollar und machte 1977 2,2 Milliarden Dollar (5,4 Milliarden Mark) Nettogewinn. Dieser finanzielle
Hintergrund verschaffte der Westdeutschen Gewerkschaft einen wirtschaftlich unabhängigen Status und war eine wichtige Voraussetzung für seine Behauptung bei Gehaltsverhandlungen mit der Unternehmerseite .6 Natürlich ist die Situation von Land zu Land verschieden und wir können die Erfahrungen der westdeutschen Gewerkschaft nicht genauso übernehmen, doch liefern sie uns zumindest eine wertvolle Inspiration, wie Gewerkschaften wirtschaftlich autark sein können.


4.2 Zum Streikrecht


Wie bereits zuvor erwähnt, basieren die Bestimmungen zum Streikrecht auf Chinas Entscheidung, den „internationalen Pakt des wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Rechts“ gemäß der Anwendung nach chinesischem Gesetz zu genehmigen.
Chinas derzeitige Gesetzgebung enthält kein Streikrecht, aber auch keine Bestimmungen zum Verbot von Streiks. Realistisch gesehen sollte der in zahlreichen Streikdisputen von Arbeiternehmern geäußerten angemessenen Forderung nach einer positiven Regelung stattgegeben werden. Der 25. Artikel des Gewerkschaftsrechts von 1992, dem nach der Revision im Jahr 2001 der Artikel 27 entspricht, behandelt diesen Punkt noch konkreter. Die Gesetze beider Jahre vermeiden jedoch die explizite Nennung des Wortes „Streik“, und weichen stattdessen auf „Arbeitsniederlegung, Sabotage“ aus. Der Artikel legt fest, dass die Gewerkschaft die Meinungen und Forderungen der Arbeitnehmer
widerspiegeln und repräsentieren, sowie den Institutionen und Unternehmen angemessene Lösungen vorschlagen soll.
Streik kann im engeren und im allgemeineren Sinne verstanden werden. Streik im engeren Sinne bezieht sich nur auf die gemeinsame Arbeitsniederlegung der gesamten Arbeitnehmerschaft oder der Mehrheit der Arbeitnehmer innerhalb eines Unternehmens, und zielt auf verbesserte Arbeitskonditionen oder Arbeitgeberleistungen ab. Wenn die Arbeitnehmer sich außerstande sehen, einen Arbeitsstreit durch gängiges Prozedere zu lösen, ist ein Streik das letzte Mittel der Arbeitnehmer. Streik im weiteren Sinne beinhaltet außerdem politische Streiks, Revolutionsstreiks, Religionsstreiks, etc.7 Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs legten zahlreiche Länder das Streikrecht als Teil des Arbeitsrechts fest. So verankerten z.b. Frankreich, Italien, Spanien, Schweden, Brasilien, Japan, Korea etc. eine entsprechende
Bestimmung in ihrer Verfassung. Die USA nahmen das Streikrecht in den „National Labor Relations Act“ auf. Neben dem generellen Streikrecht konkretisierten die Länder außerdem ihre Bestimmungen zur Durchführung des Streikrechts. 8
In den chinesischen Verfassungen der Jahre 1975 und 1978 war die Freiheit der Bürger zu streiken noch verankert. In der Verfassung von 1982 wurde die „Freiheit zu streiken“ entfernt. Die Erklärung für die Abschaffung des Streikrechts, die damals repräsentativ war, lautete, dass in einem sozialistischen System die Unternehmen dem Volk gehörten, die grundlegenden Interessen aller Menschen gleich seien, und sie daher nicht zu streiken bräuchten. Die Interessen des Volkes würden unter Streiks leiden und darüber hinaus würden Streiks leicht von Kriminellen missbraucht. Diese Erklärung entspricht kaum den Tatsachen. Denn im System staatlichen Eigentums existierten Arbeitsstreit nicht nur, sondern waren teilweise auch sehr heftig und wurden nicht vernünftig gelöst. Die Arbeitsabläufe verliefen nicht
reibungslos und behinderten so die Entwicklung der Produktion. Dass „die Freiheit zu streiken“ in der Verfassung von 1982 gelöscht wurde, weist auf die Ausweglosigkeit der Situation hin, Da in den Unternehmen dringend eine Verbesserung der Arbeitsdisziplin und der Produktionsentwicklung nötig war, schlug die Kulturrevolution in Streik und Klassenkampf um.
Aus juristischer Perspektive war die damalige Verfassung in Bezug auf die “Freiheit zu streiken” extrem mangelhaft: erstens wurde der Streik nicht auf das Arbeitsgesetzes beschränkt, sondern beinhaltete auch politische Streiks; zweitens wurden die Voraussetzungen für das „Vorgehen innerhalb des Gesetzes“ nicht zusätzlich eingegrenzt; drittens war die vorhandene Bestimmung zur Anwendung unvollständig. Dieses hohle, mit Nichtigkeit und falschem Idealismus ausgestattete Gesetz sucht in der ganzen Welt seinesgleichen. Die Gesetzgebung bediente nur unter besonderen historischen Bedingungen die Bedürfnisse eines besonderen Kampfes, maß dem tatsächlichen Schutz der Arbeitnehmerinteressen jedoch nur noch geringe Bedeutung bei / hatte mit dem tatsächlichen Schutz der Arbeitnehmerinteressen jedoch nur noch wenig zu tun. 9
In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl chinesischer Arbeitsstreite bedeutend erhöht.10 Die Chinesische Institution zur Entscheidung von Arbeitsstreiten protokollierte die eingehenden Fälle; 1986 bis 1992 gab es jährlich durchschnittlich 7000 Fälle, 1993 stieg die Zahl bereits auf 12358 Fälle, und im Jahr 2000 wurden 135.000 Fälle verzeichnet.11 Der Anstieg der eingereichten Fälle verneunzehnfachte sich im Vergleich zu den 7000 Fällen der Anfangsphase. Die vom Gericht angehörten Fälle der Arbeitsstreite stiegen von 1995 bis 2000 jährlich um ca. 20%. Auch der Zuwachs von kollektiven Protesten, die seitens der Arbeitnehmer von Gruppen mit mehr als drei Personen eingereicht wurden, beschleunigte sich. Arbeitsniederlegungen und Sabotage sind allerorten an der Tagesordnung, wobei
Sabotage ein passiver Arbeitsprotest ist, der in vielen Ländern rechtlich untersagt ist. Eine
Arbeitsniederlegung kommt einem Streik sehr nah, ist jedoch nicht so gebräuchlich wie der
internationale Ausdruck „Streik“, der meist besser verstanden wird.
Obwohl Einfluss und Ausmaß der Streiks in den chinesischen Unternehmen nicht sehr groß sind, mangelt es ihnen dennoch an juristischen Standards; eine ungenaue und unbedeutende Bestimmung im Gewerkschaftsrecht reicht bei weitem nicht aus. Meist wird spontan und ungeplant gestreikt, was für den Schutz der Arbeitnehmerinteressen, die Ordnung der gesellschaftlichen Stabilität und die Weiterentwicklung der Wirtschaft unvorteilhaft ist.
Streiks werden oft als nützliches, aber auch gefährliches zweischneidiges Schwert bezeichnet, und dem stimme ich zu, doch ich glaube auch, dass das Streikrecht vernünftig und gesetzmäßig ist und kein zweischneidiges Schwert. Es hat eine ausschließlich positive Bedeutung und zieht keine negativen Effekte nach sich. Da Chinas sozialistische Marktwirtschaft und der Beitritt zur WTO unter der Bedingung erfolgte, dass die Bestimmungen zum Schutz der Arbeitnehmerinteressen weitgehend internationalen Standards entsprechen, ist auch eine juristische Bestimmung, die das Recht zu streiken festlegt, unbedingt notwendig. Allerdings muss der Zeitpunkt der Gesetzgebung wohl überlegt sein und setzt folgendes voraus:
1. Die Menschen müssen zunächst durch ein verstärktes Bewusstsein für Demokratie und einen
Sinn fürs Rechtssystem, eine klare Einstellung und ein klares Verständnis von Streiks und dem
Recht zu streiken entwickeln. Die Menschen sollen bei Streik nicht zuallererst denken, er sei
illegal, sondern verstehen, dass das Recht zu streiken nicht nur ihr gutes Recht als
Arbeitnehmer, sondern auch ein Menschenrecht ist. Dies sind die gesellschaftlichen
Voraussetzungen für eine Legislative.
2. Weiterhin bedarf es einer Verbesserung des Prozessrechtssystems. Insbesondere lässt sich erst nach der Verbesserung der Funktionseinheiten und des Rechtssystems abwägen, ob die Ziele, die der Streik fordert, gesetzesmäßig sind und ob die Notwendigkeit eines Streiks besteht.
3. Ein Statut zur Anwendung des Streikrechts, muss entworfen werden. Die Durchführung des
Streikrechts ist international generell durch zwei Aspekte beschränkt: erstens gilt es nicht für
Beamte, Professoren, Verkehr und Logistik, Öffentliche Einrichtungen, das Militär, und ähnliche
Berufsgruppen; zweitens gibt es Verfahrensbeschränkungen, z.B. ist Streik ohne Arbitrage oder
vorangehende Schlichtung verboten. Diese Restriktionen gewährleisten die angemessene
Exekution des Streikrechts, dürfen jedoch nicht überhand nehmen oder ausgenutzt werden und
zu einer verschleierten Form des Verbots werden. Diese Gefahr bleibt in China bestehen.
4. Gewerkschaftsorganisationen können ihre Position zum Schutz der Arbeitnehmerinteressen und -rechte voll geltend machen. Die ordnungsgemäße Organisation der Arbeitnehmer bei einem
Streik sollte für die Gewerkschaften in ihrer Verantwortung für die Ausübung des „Rechtsschutz“ eine wichtige Aufgabe werden. Wenn das Streikrecht zukünftig in der Verfassung verankert wird, sollten den entsprechenden Anpassungen im Gewerkschaftsrecht Priorität eingeräumt werden. 12


4.3 Die Beschaffenheit des Gewerkschaftsrechts und der Status seines Rechtssystems


Das Gewerkschaftsrecht dient dem Schutz des legalen Status der Gewerkschaft. Der Status des Gewerkschaftsrechts zeigt die Beschaffenheit seiner juristischen Zusammenhänge, bzw. fasst es die ihr zugestandenen Rechte und wahrzunehmenden Pflichten zusammen. Das Gewerkschaftsrecht aller Länder legt fest, dass die Gewerkschaft eine Organisation ist, die die Rechte und Interessen der Arbeitnehmer schützt.

Die Bestimmung, dass „jeder Mensch das Recht hat, zum Schutz seiner Rechte Gewerkschaften zu gründen und Mitglied einer Gewerkschaft zu sein“ in der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte (verabschiedet von der UN-Generalversammlung, 10. Dezember 1948) und die Bestimmung, dass „jeder Mensch das Recht hat, Gewerkschaften zu gründen und in allen von ihm gewählten Gewerkschaften Mitglied zu sein, um seine wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rechte und Interessen zu fördern und zu schützen“ im „Internationalen Pakt über wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturellen Rechte“ können als Klärung und Zusammenfassung des Gewerkschaftsrechts aller Länder gesehen werden, und
offenbaren ein essentielles Merkmal der Gewerkschaften als Organisation des „Rechtsschutzes“. Die Hauptaufgabe des Gewerkschaftsrechts ist in der endgültigen Analyse die Rechte der Lohnarbeiter zu schützen. Die chinesische Arbeiterklasse ist die größte nationale Schicht. Lohnarbeiter und ihre Familien bilden mittlerweile eine enorme Gesellschaftsgruppe und ihre Rechte einen wesentlichen Teil des Menschenrechtskonzepts. So ist das Gewerkschaftsrecht auch deshalb notwendig, weil es den Gedanken der „drei Repräsentanten“13 enthält und den Schutz der Menschenrechte fördert.
Die inhaltlichen Anpassungen des Gewerkschaftsrecht nach den gesellschaftlichen Beziehungen dieser großen Gruppe lassen sich in vier Aspekten gliedern: erstens, die Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaft; zweitens, die Beziehungen der Gewerkschaften und ihrer Mitglieder; drittens, die Beziehungen zwischen der Gewerkschaft und der Regierung. Letztere beinhaltet wiederum zwei Ebenen.
Die erste Ebene beinhaltet seit der Anmeldung der Gewerkschaften die Beziehungen des
Gewerkschaftsmanagements zu Regierungssubventionen, die in fast allen Ländern, die Gewerkschaften gegründet haben, gleichermaßen existieren; die zweite Ebene sind, seit der Teilnahme der Gewerkschaften an der Legislative, die Beziehungen zu Planung und Politik, sowie die Einbindung in sozioökonomische Angelegenheiten. Diese Beziehungen erhalten in China einen besonders wichtigen Status und Umfang. Obwohl sich die Gewerkschaften einiger anderer Länder ebenfalls für gemeinsame Bestimmungen einsetzen, sind sie dennoch nicht mit China vergleichbar. 14
Die Basis und der Kern der vier oben beschriebenen Beziehungen ist die Beziehung zwischen
Gewerkschaft und Arbeitgebern. Diese Beziehung setzt wiederum das bestehende Arbeitsverhältnis zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern voraus. Die von der Gewerkschaft regulierten Verhältnisse sind im Grunde eine Verlängerung und Entwicklung der Arbeitsverhältnisse. Nach Klassifizierung der Rechtsabteilung, gehört das Gewerkschaftsrecht zum Arbeitsrecht. Es ist jedoch trotzdem nicht dasselbe wie andere dem Arbeitsrecht unterstehende Gesetze der gleichen Ebene, sondern erhält innerhalb des
Arbeitsgesetzes einen Sonderstatus.15
Im Bericht des im September 1997 abgehaltenen 15. Nationalkongress der Chinesischen
Kommunistischen Partei heißt es, dass „die sozialistische Demokratie weiter ausgebaut, das
sozialistische Rechtssystem verbessert, das Land rechtmäßig nach einem sozialistischen Gesetzsystem regiert werden“ soll. Weiterhin soll „bis 2010 ein sozialistisches Rechtssystem mit chinesischen Merkmalen geformt werden“. Die Anpassung des chinesischen Gewerkschaftsrechts ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Demokratie und zum Aufbau des Rechtssystems. Nach der am 15. März 1999 vom 9. Nationalen Volkskongress verabschiedeten “Verfassungsänderung“, soll China „nach angewandtem, zu formendem sozialistischen Recht regiert werden“.
Der Arbeitsbericht des 9. Ständigen Komitees des Nationalen Volkskongresses vom 4. März 2001 besagt:
„Nach den realistischen Anforderungen der Gesetzgebung gliedert sich das sozialistische Rechtssystem mit chinesischen Merkmalen zunächst in sieben Rechtsbereiche, namentlich Verfassungsrecht, Bürgerund Handelsrecht, Verwaltungsrecht, Wirtschaftsrecht, Sozialrecht, Strafrecht, Verfahrensrecht und außergerichtliches Verfahrensrecht“; „das Sozialrecht dient der Anpassung der Arbeitsverhältnisse, der Sozialversicherung und dem Gemeinwohl“. Genannte Äußerungen stimmen weitestgehend mit den Ansichten der theoretischen juristischen Forschung überein, dass Gewerkschafts-, Arbeits- und Sozialrecht gleichermaßen zum Sozialrecht zählen sollten.
Allgemein kennt die Bevölkerung das Sozialrecht nicht und auch seine Erforschung in juristischen Kreisen reicht bei Weitem nicht aus. Die Entstehung des Sozialrechts war jedoch durch die historische Entwicklung und den gesellschaftlichen Fortschritt unumgänglich. Da allein öffentliches und Privatrecht in einem modernen Rechtsstaat und einer zivilisierten Gesellschaft nicht hinreichen, um komplexe gesellschaftliche Probleme zu lösen, ist außerdem ein Bereich notwendig, der öffentliches Recht und Privatrecht miteinander verbindet – das Sozialrecht. Das Arbeitsgesetz ist ein Gesetz zum Schutz der Rechte und Interessen der Arbeitnehmer. Es muss beide im Arbeitsvertrag bezeichneten Parteien nach den Prinzipien der Gleichheit, Freiwilligkeit, Konsens und andere Normen des Privatrechts behandeln, und außerdem durch das Öffentliche Recht unterstützt werden. Das Recht auf Sozialversicherung nimmt einen vergleichsweise großen Teil des Öffentlichen Rechts ein. Bestimmungen innerhalb des
Arbeitsrechts, die die Unterstützung der Arbeitnehmer in der Verhandlung des Arbeitsvertrags, der Beilegung von Arbeitsstreiten, und die Rechte und Pflichten zwischen der Gewerkschaft und ihren Mitgliedern betreffen, fallen in den Bereich des Privatrechts. Alle Bestimmungen zu Politik und Planung der Teilnahme leitender Gewerkschaftsorgane an der Gesetzgebung fallen in den Bereich des Öffentlichen Rechts. Nach den Bestimmungen des Gewerkschaftsrechts kann die Gewerkschaft mit den Arbeitgebern gleichberechtigt Kollektivverträge aushandeln und festlegen. Diese Bestimmung wirkt innerhalb des Privatrechts ausgleichend. Da die Gewerkschaft eine Gruppe ist, schützt das Gewerkschaftsrechts Bestimmungen zu kollektiven Gewerkschaftsaktivitäten, obwohl es sich von der landesweit geltenden Bestimmung des administrativen Öffentlichen Rechts unterscheidet. Es kann jedoch auch die Freiheit beider Parteien des Arbeitsvertrags, und somit die Freiheit von einzelnem Arbeitnehmer und Arbeitgeber beschneiden. Darüber hinaus kann das Gewerkschaftsrecht als Regel mit
öffentlich-rechtlichen Elementen gesehen werden. Das Gewerkschaftsrecht ist ein wichtiges Gesetz im sozialistischen chinesischen Rechtssystem; die gewissenhafte Anwendung des Gewerkschaftsrechts, der effektive Schutz seines rechtlichen Status und die rechtmäßigen Interessen der Arbeitnehmer sind für die Entwicklung der chinesischen Demokratie, des Rechtssystems und den Schutz der Menschenrechte essenziell.

 

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1 Revolutionsliteratur, hervorgegangen aus der 6. Sitzung des Allchinesischen Gewerkschaftsbundes, der vom 1. bis 8. August 1948 in Harbin tagte. Publiziert 1949. Enthielt u.a. die Ziele, die Produktion zu entwickeln, eine florierende Wirtschaft aufzubauen, private und öffentliche Interessen zu berücksichtigen, ein sozialistisches China aufzubauen, etc.

2S. Fußnote 1. „Wörterbuch zur Geschichte von Chinas Arbeiterbewegung“ Hrsg. Chang Kai. People’s Workers Press. 1990.
3 Vgl. Shi Tanjing: "China muss ein neues Gewerkschaftsrecht entwickeln”, “Chinesisches Recht” 1987, Nr. 2.

4 S. “Gesamtwerk von Marx und Engels”, Kapitel 19, People’s Publishing House, 1963. S. 19ff.
5 "Studien zum Sozialversicherungsrecht”, Hrsg. Shi Tanjing, Law Press, Ausgabe 2000, S. 171.

6 Edwin Hartridge: "The Rise of the Fourth Empire" World Knowledge Press, 1982, S. 211-212.

7 S. Fußnote 1, S. 349.
8 S. Shi Tanjing: „Analyse von Chinas Arbeitsstreiten und die Diskussion zu Problemen der Gesetzgebung zum Streikrecht“. In:“Juristische Forschung”, 1999, Nr. 6.
S. “Amtliche Mitteilung zur Statistik von Arbeit und sozialer Sicherung“ der Jahre 1999 und 2000.
9 S. Ebd.
10 S. “Amtliche Mitteilung zur Statistik von Arbeit und sozialer Sicherung“ der Jahre 1999 und 2000.
11 S. Workers Daily, 12.06.2001.

12 S. Fußnote 21.

13 Die wichtigen Ideen des Dreifachen Vertretens" von Jiang Zemin, politische Leitlinie der KPCh. Die Partei soll
immer die Entwicklungsbedürfnisse von Chinas fortschrittlichen Produktionskräften, die fortschrittliche Richtung
von Chinas entwickelter Kultur und fundamentale Interessen repräsentieren.
14S. Shi Tanjing: ”Abhandlung zum Gewerkschaftsrecht“. In: ”Juristische Forschung”, 1993, Nr.1.
15 S.o.