Nach Wukan

Bereits während der Proteste in Wukan tauchte immer wieder die Frage auf, ob und inwieweit dieser Kampf "Schule" machen könnte und würde: Das Thema bleibt auch 2012 aktuell, aber: Wieviel ist daran wirklich neu? Die Frage gilt weniger dem eigentlichen Kampf, sondern den "Adoptionstaktiken" der KP Chinas. Es gibt nicht wenige Betrachter, die meinen, die Neuwahlen der örtlichen Parteileitung seien gerade der Beweis dafür, dass die Partei die Entwicklung in den Griff bekommen möchte - und dass dies nicht das erste Mal wäre, das das gelingt...

In dem Beitrag "Chinesische Dorfbewohner rebellieren erfolgreich gegen Korruption in Wukan" hat Oliver Pöttgen am 5. Januar 2012 in dem Blog der Asienstiftung "Stimmen aus China" einen Überblick über die Ereignisse in Wukan zusammengestellt und dabei ebenfalls die Frage nach Folgerungen aufgeworfen.

Wer 52 Minuten Zeit hat oder aufwenden möchte (es lohnt sich) kann das "Video der Demonstranten" bei youtube anschauen, das seit Mitte Dezember 2011 dort zu finden ist.

"Another day, another massive land grab protest in Guangdong" vom 19. Januar 2012 ist ein Beitrag im Blog Shanghaiist,der Pressemeldungen über einen vergleichbaren Vorfall in Wangnag kommentiert, in derselben Provinz wie Wukan gelegen. und auch hier konnte Erfolg vermeldet werden, wie der Bericht "Second village wins swift graft probe" von Mimi Lau am 19. Januar 2012 in der South China Morning Post deutlich macht.

Ziemlich anders sieht das in "South China’s Protests Are Not as Subversive as Many Think" Ho Fung Hung in einem Blog der Columbia University vom 24. Januar 2012. Und zwar nicht, weil er etwa den Wukan-Protest für unwichtig hält, sondern, weil er ganz im Gegensatz zur üblichen Propaganda in Europa und den USA davon ausgeht, dass China eben ein Land ist, mit grosser Tradition sozialer Proteste und Widerstand.

Wenn ein bisschen Geschichte Chinas nötig ist, um aktuelle Erscheinungen zu verstehen - wie in jedem anderen Land auch - so gibt es auch noch weitere ökonomische, soziale und kulturelle Faktoren, die zum Verständnis beitragen können.

Der Weltbank-Bericht "Accelerating China's rural transformation" ist sowohl nicht neutral (weder in Bewertung noch Faktenauswahl) als auch nicht neu - sondern von 1999. Dennoch: Er gibt zum einen einen Überblick über die zahlreichen Fragen der Gesellschaft, die mit der Landfrage verbunden sind, zum anderen Indizien zur Beurteilung der Tendenz.

Etwas vereinzeltere Fallstudien, aber viel interessanter ist die Nummer 3 der China Left Review mit dem Hefttitel "Reevaluating Rural China in the Collective Period: Reflections on Selected Works Published Overseas" die im Sommer 2010 erschienen ist und Beiträge zur Landproblematik vor den Reformen Dengs enthält.

Die jüngsten Entwicklungen, die Neuwahlen des Parteikomitees werden in zahlreichen Blogs kommentiert, wie die Zusammenstellung "Wukan elections continue and inspire" die Kelly Chung am 19. Februar 2012 bei Global Voices Online zeigt. 

 

Dass nun wiederum niemand vorschnell von irgendwie kontinuierlichen Entwicklungen oder andauernden Veränderungen ausgehen sollte, zeigt die heftige Repression, zu der die Behörden in der Stadt Panhe Anfang Februar 2012 gegriffen haben - in einer sehr ähnlich zu Wukan gelagerten Auseinandersetzung wie in dem Beitrag "Out of the public eye, China cracks down on another protesting village" von Tom Lasseter am 26. Februar 2012 bei revolutionary frontlines deutlich wird...