Respektiert die Menschenwürde der chinesischen Arbeiterinnen! Berichte vom Arbeitskampf in der Firma Ole Wolf

Berichte von Zhang Jun, Liu Meizhen und Jiang Qianqiu, von Liu Jian Dieser Artikel in der offiziellen Zeitschrift des Allchinesischen Gewerkschaftsbundes, dem "Chinese Worker" ist insofern ein Novum, als dabei erstmals eine eigentlich oppositionelle Arbeit vom Gewerkschaftsbund positiv aufgegriffen wird...

Welche Rolle sollten die chinesischen Gewerkschaften in den Beziehungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern im Kontext von Globalisierung und Vermarktlichung spielen? In der Stadt Yantai, Provinz Shandong, haben die Arbeiterinnen und Arbeiter der Firma Ole Wolf selber die Initiative ergriffen, um ihre Rechte und Interessen durchzusetzen und ihrem Wunsch nach Gerechtigkeit und harmonischen Arbeitsbeziehungen Ausdruck zu verleihen. Sie sind fest davon überzeugt, dass sie von den Gewerkschaften erwarten können, dass diese konsequent die Rechte und Interessen der Arbeiterschaft vertreten.
Liu Meizhen, Wang Zhaori, Jiang Qianqiu, Yu Liyan und Zhang Jun…Sie sind alle ganz gewöhnliche Arbeiterinnen und Arbeiter. Niemand anderes als diese Gruppe von gewöhnlichen Arbeiterinnen hat einen Streik organisiert und eine Gewerkschaft in der Firma Ole Wolf aufgebaut. Bei der Durchführung eines Streiks zur Einforderung ihrer Rechte haben sie nicht nur die Unterstützung des Allchinesischen Gewerkschaftsverbands (All-China Federation of Trade Unions - ACFTU) bekommen, sondern darüber hinaus wurde über ihren Widerstand sowohl in einer großen Anzahl von chinesischen als auch ausländischen Medien berichtet.
Ihr Kampf für die Durchsetzung ihrer legitimen Rechte, dauert bereits vier Jahre an. Sie haben sich mutig einer langwierigen Auseinandersetzung mit dem Firmenmanagement gestellt und wiederholt die Arbeitsaufsichtsbehörden auf die gesetzeswidrigen Handlungen der Firma aufmerksam gemacht, die diesen Hinweisen jedoch keine Aufmerksamkeit geschenkt haben. Sie haben in einem Blog bei Sina.com ihre Erfahrungen veröffentlicht, die Gewerkschaftsorganisationen in Dänemark um Unterstützung gebeten, sie haben aufeinander folgend die Firma Ole Wolf, die für Arbeit- und Sozialversicherung zuständigen Behörden und die lokale Regierung im Bezirk Fushan vor Gericht verklagt. Der Berater der Gewerkschaft, Zhang Jun, ist sogar bis vor die Haustür der Familie des dänischen Chefs der Firma Ole Wolf gereist und hat sie mit den illegalen Handlungsweisen der Firma konfrontiert…

Aus der Sicht der Firma Ole Wolf wollten die Arbeiterinnen jedoch nur Geld vom Direktor der Firma erpressen, er hat sie sogar international als „Mitglieder der Mafia“ bezeichnet! In den Augen der lokalen Regierung sind sie „Unruhestifter“, die aus einer Mücke einen Elefanten und nichts als Ärger machen wollen. Aus der Sicht der Arbeiterinnen jedoch ist die Gewerkschaft in der Firma Ole Wolf eine legitime Gewerkschaft, die entsprechend den chinesischen Arbeitsgesetzen ihre Rechte und Interessen vertritt.

Aus welchen Gründen wollten diese Arbeiterinnen ihre eigene Gewerkschaft gründen? Warum zieht sich ihr Arbeitskampf bereits seit fast vier Jahren hin? Warum haben sie die lokalen Arbeits- und Sozialbehörden und die lokale Regierung vor Gericht verklagt? Diese Fragen spiegeln die Probleme einer Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Struktur wider, die auf der Kombination einer„Starken Regierung, starkem Kapital und einer schwachen Arbeiterschaft“ basiert. Diese Struktur ist einhergehend mit einer Politik entstanden, die ausschließlich auf wirtschaftliches Wachstum ausgerichtet ist.

Die Firma Ole Wolf hat sich geweigert, mit den bei ihnen angestellten Arbeiterinnen einen schriftlichen Arbeitsvertrag abzuschließen und hat 68 von ihnen ohne jegliche Begründung entlassen. Das Gaoxin-Industriegebiet im Bezirk Fushan der Stadt Yantai ist der wichtigste Produktionsstandort für die verarbeitende Industrie auf der Shandong - Halbinsel. Über das Industriegebiet verteilt befinden sich eine große Anzahl von Fabriken der Maschinenbau-, Elektronik-, Chemie-, Textil-, und Pharmaindustrie. Es gibt Unternehmen mit ausländischem Kapital und Privatunternehmen, darunter sind die im Bereich Elektronik produzierenden Unternehmen führend. Ende 2005/Anfang 2006 ließ sich ein Unternehmen unter dem Namen „Ole Wolf (Yantai) Elektronik GmbH“ (von uns im nachfolgenden als Firma Ole Wolf bezeichnet) in diesem Industriegebiet nieder und begann Arbeiterinnen anzuwerben. Während des Bewerbungsgesprächs wurde ihnen versprochen, dass die Firmenleitung unmittelbar nach dem chinesischen Neujahrsfest mit ihnen Arbeitsverträge und für sie eine Sozialversicherung abschließen würde. Ferner sollte die Bezahlung der Mindestlohnrichtlinie der Stadt Yantai entsprechen, das monatliche Grundgehalt 530 RMB und die reguläre Arbeitszeit acht Stunden betragen. Für jede Überstunde an einem Wochentag sollte das anderthalbfache und am Wochenende das Doppelte des regulären Stundenlohns bezahlt werden. Nachdem die Überstunden angerechnet wurden, entspräche ein monatliches Gehalt demnach einem Betrag zwischen 1200 und 1300 RMB. Die Firma Ole Wolf hatte hinsichtlich des Alters der Arbeiterinnen keine Vorgaben gemacht.

Das von der Firma Ole Wolf versprochene Gehalt wurde von vielen AnwohnerInnen Fushans als relativ hoch angesehen, und es mangelte nicht an Leuten, die bereit waren, sich auf dieses Angebot hin zu bewerben. Dieses Angebot wurde auch von Liu Meizhen, damals bereits 33 Jahre alt und bisher noch ohne Arbeitserfahrung in einer großen Firma mit ausländischem Kapital, als eine gute berufliche Chance betrachtet. Nach einem Vorstellungsgespräch wurde Liu Meizhen bei der Firma Ole Wolf eingestellt.

Chronologie falscher Versprechungen

Zhang Jun hatte sich damals zunächst sehr gefreut, dass es seiner Frau gelungen war, eine solche Anstellung zu finden, denn würde sie dann sozialversichert sein, würde es die finanziellen Belastungen der Familie erheblich verringern. Kurz vor dem chinesischen Neujahrsfest schlug Zhang Jun daher seiner Frau vor, dass sie in jenem Jahr auch während der Feiertage arbeiten sollte. Liu Meizhen machte seit dem Beginn der neuen Arbeit täglich Überstunden und nahm erst am 28. des 12. Monats des chinesischen Mondkalenders frei und begann am 3.Tag des chinesischen Neujahres bereits wieder zu arbeiten.1 Nach dem Ende der Feiertage forderten Liu Meizhen und ihre Kolleginnen die Firmenleitung auf, ihren Versprechungen nachzukommen und mit ihnen einen schriftlichen Arbeitsvertrag zu unterzeichnen und für sie eine Sozialversicherung abzuschließen. Die Firmenleitung wies jedoch ihre Forderungen zurück und weigerte sich schriftliche Arbeitsverträge abzuschließen. Die Arbeiterinnen sollten noch ein Jahr abwarten, dann würden sie anhand der bereits erbrachten Leistungen der Arbeiterinnen überlegen, Verträge mit ihnen abzuschließen. Diese Ansage widersprach vollkommen den bei der Anwerbung versprochenen Bedingungen. Auf noch mehr Unverständnis und Unmut seitens der Arbeiterinnen stieß die Senkung des monatlichen Grundgehalts von 530 RMB auf 480 RMB nur kurze Zeit nach den Feiertagen. Nach weiteren zehn Tagen wurde das Gehalt noch einmal auf 450 RMB gekürzt. Liu Meizhen wandte sich mit diesen Problemen an Zhang Jun. Nachdem Zhang Jun von den gebrochenen Versprechen gehört hatte, sagte er zu seiner Frau, dass das Vorgehen der Firma Ole Wolf eindeutig illegal sei.
Am 10. Februar 2006 schrieb Zhang in Vertretung seiner Frau und einiger ihrer Kolleginnen einen Brief an die Arbeitsaufsichtsbehörden, in dem er auf das illegale Vorgehen der Firma Ole Wolf und das gebrochene Versprechen hinsichtlich des Abschlusses von Arbeitsverträgen etc. aufmerksam machte und die Behörden dazu aufforderte den Arbeiterinnen einen Rat zur Lösung des Problems entsprechend der chinesischen Arbeitsgesetze zu geben. Der Brief blieb jedoch ohne jegliche Resonanz. Zhang Jun hakte mehrfach bei den Behörden nach, erhielt jedoch lediglich die Antwort, sie sollten weiter auf eine Nachricht warten. Während sie auf einen Lösungsvorschlag warteten, vergingen zweieinhalb Monate. Arbeitsvertrag und eine Lohnsenkung zu bekommen hätte Liu Meizhen gerade noch hinnehmen können, aber dass die Firma Ole Wolf beliebig nach ihrem Gutdünken und ohne sich an Versprechen zu halten, schalten und walten wollte, ließ sie am Ende ihre Geduld verlieren.
Am 28. April 2006 um 16:28, als die Arbeiterinnen gerade wie gewöhnlich am Fließband arbeiteten, kam plötzlich ein Mitarbeiter der Personalabteilung in die Fabrikhalle und verkündete eine Reihe von Namen, die sich in Gebäude 1 melden und den Lohn für April auszahlen lassen sollten. Die Personalabteilung ließ sie vorher noch ein Dokument unterzeichnen, in dem sie bestätigten ihr Arbeitsverhältnis „aus eigener Entscheidung aufzugeben“ und sie bekamen keinerlei Erklärung für ihre plötzliche Entlassung. Die Arbeiterinnen fühlten sich einerseits völlig überrumpelt, wollten andererseits eine solche Behandlung jedoch auch nicht einfach nur hinnehmen. Unter den 58 ohne jegliche Erklärung entlassenen Arbeiterinnen befand sich auch Liu Meizhen.
Als die Personalabteilung der Firma Wolf plötzlich die Entlassung der 58 Arbeiterinnen verkündete, waren die Frauen sehr erschrocken, auf ihren Gesichtern war Überraschung und Wut zu sehen: „Wir haben doch keine Fehler gemacht!? Warum wurden wir entlassen!?“ Die Arbeiterinnen waren der Ansicht, dass die Probezeit von zwei Monaten bereits vergangen sei (später verlängerte die Firma Ole Wolf den Zeitraum der Probezeit auf vier Monate), und dass sie weder gegen eine der Betriebsregeln verstoßen, noch einen anderen Fehler begangen hätten, daher verlangten sie von der Firmenleitung eine nachvollziehbaren Erklärung für ihre Entlassung. Der aus Hongkong kommende Manager der Firma erwiderte jedoch auf ihre Nachfrage nur lapidar: „Ich kann euch nicht leiden, daher will ich euch hier nicht mehr sehen, es gibt keinen spezifischen Grund!“
Notgedrungen entschieden die Arbeiterinnen, gemeinsam zur lokalen Arbeitsbehörde zu gehen und um Unterstützung bei der Einforderung einer Erklärung zu bitten. Am 29. April 2006, morgens um 7:30, begaben sich also die 57 Frauen, in ihrer Arbeitskleidung, zur Arbeitsbehörde des Bezirks Fushan. Sie forderten, dass die Behörde das Fehlverhalten der Firma Ole Wolf berichtigen sollte. Am Nachmittag des gleichen Tages wurden noch einmal zehn Arbeiterinnen entlassen und auch sie kamen zur Arbeitsbehörde und schlossen sich den anderen Frauen an. Nach einer Vermittlung durch die Arbeitsbehörden nahmen 60 Arbeiterinnen 300 RMB Kompensation an und gingen nach Hause.
Liu Meizhen und sieben weitere Arbeiterinnen forderten jedoch darüber hinaus, wieder bei der Firma Ole Wolf eingestellt zu werden und wie versprochen einen schriftlichen Arbeitsvertrag und eine Sozialversicherung zu bekommen.

Die Firmenleitung wollte jedoch auf keine der Forderungen Liu Meizhens und ihrer Kolleginnen eingehen. Der Hauptverantwortliche bei der Arbeitsaufsichtsbehörde des Bezirks Fushan, Guo Guangzhi, war ebenfalls der Ansicht, es gäbe keinen Grund für eine Wiedereinstellung von Liu Meizhen und ihrer Kolleginnen. Die Arbeiterinnen jedoch hielten dagegen: die Arbeitsaufsichtsbehörde könne dem Gesetz nach nicht bereits zwei Monate nach dem Erhalt einer Klage den Fall schließen und sie sei in der Verantwortung gegen die illegalen Entlassungen der 68 Arbeiterinnen durch die Firma Ole Wolf vorzugehen, ferner hielten die Arbeiterinnen an ihrer Forderung nach einer Wiedereinstellung und Fortsetzung ihrer Arbeit fest. Nachdem die Arbeitsbehörde des Bezirks Fushan mehr als einen Monat mit der Firma Ole Wolf Verhandlungen geführt hatte, wurden die sieben Arbeiterinnen in der Gruppe um Liu Meizhen wieder eingestellt und konnten ihre Arbeit fortführen.

Nachdem Liu Meizhen und ihre Kollegen am 4. Juni 2006 zur Fabrik zurückgekommen waren, kamen sie sich jedoch ziemlich verloren und ausgeschlossen vor, da die Firmenleitung sie räumlich strikt von den anderen Arbeiterinnen und Arbeitern getrennt halten wollte. Es war ihnen untersagt, die Produktionsräume im zweiten Stock zu betreten und mit den anderen Arbeiterinnen in Kontakt zu treten, sie durften sich nur im ersten Stock in der technischen Abteilung für die Verrichtung ihrer Arbeit aufhalten. Darüber hinaus verbreitete die Firmenleitung Gerüchte und Verleumdungen über sie: „Diese Frauen sind alle schon ziemlich alt und hätten daher Probleme eine andere Arbeit zu finden. Wir haben uns deshalb aus Mitleid ihrer erbarmt und sie wiedereingestellt.“ Die anderen Arbeiterinnen nahmen die Erklärung der Firmenleitung für bare Münze. Liu Meizhen erinnert sich: „Ich fühlte mich sehr verloren und schämte mich irgendwie. Nachdem ich wieder eingestellt worden war, strengte ich mich so sehr an, alles gewissenhaft und richtig zu machen. Und trotzdem ließ uns die Firmenleitung nicht in Ruhe und machte uns oft Ärger.“ Es wurde Liu Meizhen und den anderen wieder eingestellten Arbeiterinnen nicht erlaubt Überstunden zu machen und sie wurden bei der Arbeitsverteilung etc. benachteiligt, in der Hoffnung, sie dazu zu bringen, von sich aus zu kündigen und die Firma zu verlassen.

Liu Meizhen:
Aufgrund des Aufbaus einer Gewerkschaft wurde sie bereits vier Mal von der Firmenleitung entlassen. Nach ihrer Wiedereinstellung wurde sie in diversen Bereichen ungerecht behandelt und dadurch zu dem Entschluss angestachelt, sich selbst aus dieser Situation zu befreien. Als sie sich eines Tages zufällig mit ihrer Kollegin Jiang Qingguang unterhielt, entwickelten sie die Idee, eine Gewerkschaft zu gründen, um ihre legitimen Rechte und Interessen mit ihren eigenen Methoden und Strategie zu verteidigen. Jiang Qingguang, die in der Vergangenheit während der Arbeit in einem Staatsbetrieb bereits in Kontakt mit der Gewerkschaft gekommen war, sagte zu ihr: „Es konnte nur soweit kommen, weil niemand für uns Entscheidungen trifft! Wenn niemand für uns Verantwortung übernimmt und Entscheidungen trifft, dann müssen wir uns eine solche Behandlung durch die Firmenleitung gefallen lassen!“ In den Köpfen der Arbeiterinnen spross nach diesem Gespräch ein gedanklicher Keim für den Aufbau einer Gewerkschaft.

Eine Idee entsteht...

Anfang Juli 2006, rief Liu Meizhen den Fushan-Ortsverband des ACFTU an, stattete dessen Büro einen Besuch ab und bat um Unterstützung bei der Gründung einer Gewerkschaft in der Firma Ole Wolf. Sie erhielt daraufhin die Unterstützung des Vorsitzenden des Fushan-Ortsverbands. Der Vorsitzende, der Kollege Kong, fuhr kurz nach ihrem Treffen höchstpersönlich mit seinem Dienstwagen zur Firma Ole Wolf, um mit dem zuständigen Ansprechpartner in der Firmenleitung über den Aufbau einer Gewerkschaft zu sprechen. Als er jedoch am Eingangstor der Firma Ole Wolf vorfuhr, wurde ihm die Zufahrt verwehrt. Ihm blieb also nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass die Arbeiterinnen nach Schichtende aus dem Fabriktor herauskamen. Auf einem Stück Brachland in der Nähe des Werktores gab er ihnen eine kurze Einführung in das chinesische Arbeitsrecht (im Eingangsbereich der Firma wurde es ihm nicht gestattet). Nach seinem Besuch kamen noch mehrere Male Kader des ACFTU mit der Forderung zur Zulassung des Aufbaus einer Gewerkschaft zur Firma Ole Wolf, aber ein Treffen wurde von der Geschäftsleitung immer wieder abgelehnt.
Im September 2006, wurden zum wiederholten Male ohne Unterlass Überstunden von den Arbeiterinnen eingefordert, sie arbeiteten abends oftmals bis 21:30 oder 22Uhr. Am 29. September verkündete die Firmenleitung, dass von den sieben anstehenden offiziellen Ferientagen im Anschluss an den Nationalfeiertag am 1.Oktober, vier Ferientage als Ausgleich für vier volle Arbeitstage an vier Sonntagen im Oktober angerechnet werden sollten. Diese Ankündigung führte zu großer Unzufriedenheit und Frust unter den Arbeiterinnen und bestärkte sie noch mehr in ihrem Entschluss, eine Gewerkschaft zu gründen. Um zu vermeiden, dass die Firmenleitung wiederholt eine größere Anzahl von Arbeiterinnen entlässt, stellten sie noch einmal offiziell den Antrag, eine Gewerkschaft gründen zu dürfen. Der Antrag wurde jedoch wieder abgelehnt.

Am 08.Oktober, direkt nachdem die offiziellen Feiertage vorbei waren, wurde Liu Meizhen ohne Vorwarnung plötzlich entlassen. Die Begründung lautete, sie hätte nicht auf die Anweisungen der Verwaltung gehört, andere Arbeiterinnen zu Aufruhr angestiftet und schwer gegen die Betriebsregeln verstoßen, den normalen Arbeitsablauf der anderen Arbeiterinnen gestört, und da sie auch nach einer Abmahnung nicht auf die Verwaltung gehört hätte, würde sie nun entlassen.
Liu Meizhen rief unmittelbar nach ihrer Entlassung bei der Arbeitsaufsichtsbehörde an und reichte eine Klage ein. Der Sachbearbeiter, der das Telefon abnahm, erwiderte jedoch nur: „Diese Angelegenheit geht uns nichts an, wenn sie dort wieder arbeiten wollen, müssen sie sich an die Verantwortlichen in der Firma wenden!“
Um 10 Uhr, nur einige Stunden später, wiesen der Kader Liu des Fushan-Ortsverbands des ACFTU, der bereits erwähnte Kollege Kong vom ACFTU und ein Vertreter der Arbeitsaufsichtsbehörde die Firmenleitung auf ihr inkorrektes Verhalten hin, und Liu Meizhen konnte kurz darauf wieder an ihren alten Arbeitsplatz zurückkehren und ihre Arbeit fortsetzen. Nachdem sie in der Fabrik angekommen war, vernetzte sie sich mit anderen Arbeiterinnen und begann Unterschriften für die Forderung nach dem Aufbau einer Gewerkschaft zu sammeln. Zu dem Zeitpunkt waren es insgesamt 130 Arbeiterinnen und 110 von ihnen unterschrieben den Antrag mit der Forderung nach der Zulassung für die Gründung einer Gewerkschaft. Es wurden drei Exemplare des Antrags unterschrieben, ein Exemplar wurde dem Fushan-Ortsverband des ACFTU übergeben, ein Exemplar der Firmenleitung und ein Exemplar wurde bei Zhan Jun, der als Berater der zu gründenden Gewerkschaft agieren sollte, zur sicheren Aufbewahrung gegeben.
Ab dem 08. Oktober, führten die Arbeiterinnen der Firma Ole Wolf einen Streik durch und zwangen somit die Firmenleitung den Aufbau einer Gewerkschaft zuzulassen. Nachdem der Streik begonnen hatte, verbreitete die Firmenleitung das Gerücht, dass Liu Meizhen und die anderen organisierten Arbeiterinnen es darauf abgesehen hätten, die Führungspositionen in der Gewerkschaft zu übernehmen, um sich persönlich zu bereichern. Der Streik diene darüber hinaus nur dem Ziel, die übrigen Arbeiterinnen gegen die Firmenleitung aufzuhetzen, sie sollten sich also vor Liu Meizhen und ihren Freundinnen in Acht nehmen und nicht hinters Licht führen lassen. Am 08.Oktober um 10 Uhr verkündeten Liu Meizhen und ihre Kolleginnen deshalb öffentlich in Gegenwart des Fushan-Ortsverbands des ACFTU, der Arbeitsbehörde von Fushan, dem Management der Firma Ole Wolf und der streikenden Arbeiterinnen, dass sie ihr Recht aufgäben, in den Vorstand gewählt zu werden, betonten aber dabei dass sie ihr aktives Wahlrecht behalten würden. Mit dieser öffentlichen Ansage wollten sie deutlich machen, dass es ihnen bei der Durchführung des Streiks und bei der Gründung einer Gewerkschaft keineswegs, wie in den Verleumdungen verbreitet wurde, um ihren persönlichen Vorteil oder persönliche Macht ging, sondern lediglich um die Verteidigung der legitimen Rechte und Interessen aller Arbeiterinnen. An jenem Tag machte der Gewerkschaftsfunktionär Liu vom Fushan-Ortsverband des ACFTU in der öffentlichen Versammlung den Arbeiterinnen gegenüber deutlich, dass er persönlich die Forderung nach einem Aufbau einer Gewerkschaft unterstützen wolle! Der Streik der Arbeiterinnen bei Ole Wolf dauerte vom 8. bis zum 20. Oktober. Innerhalb dieses Zeitraums betrug die Anzahl der an dem Streik teilnehmenden Arbeiterinnen zwischen 50 und 100 Frauen. Die Firmenleitung ersann alle erdenklichen Strategien, um den Streik der Frauen zu brechen.
Am 12. Oktober hängte sie Zettel mit der Information aus, dass sie „die Rädelsführerinnen dieses illegalen Streikes herausfinden würden, und diese für den durch den Streik entstandenen Produktionstop und damit verbundenen finanziellen Verlust aufkommen müssten, die Entschädigung die jede zahlen müsse sei circa 15.000 RMB“. Der Fushan-Ortsverband des ACFTU und ein Vertreter der Arbeitsaufsichtsbehörde nahmen Verhandlungen mit der Firmenleitung auf und die Firmenleitung gab letztendlich ihre Zustimmung zur Gründung einer Gewerkschaft und erklärte öffentlich, dass sie entsprechend der dreizehn Punkte, die von den Arbeiterinnen vorher vorgeschlagen wurden, Verbesserungen der Arbeitsbedingungen vornehmen würden.
Am 13. Oktober machte die Firmenleitung dann jedoch bereits einen gewaltigen Rückzieher und verkündete, dass „die Bedingungen für die Gründung einer Gewerkschaft gegenwärtig doch noch nicht ausgereift genug wären, und zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal darüber gesprochen werden sollte.“
Am gleichen Tag entließ die Firmenleitung zum wiederholten Male Liu Meizhen und ihre sechs Kolleginnen, die für die Unterschriftenlistenaktion die Initiative ergriffen hatten.
Am 14. Oktober zwang die Firmenleitung die verbleibenden Arbeiterinnen eine schriftliche „Verpflichtung“ mit folgendem Inhalt zu unterschreiben: „Mit diesem Schreiben garantiere ich für die Zeit meiner Anstellung bei der Firma Ole Wolf, dass ich jeglichen Anweisungen der Firmenleitung ohne Ausnahme folgen und keine Handlungen vollziehen werde, die den regulären Arbeitsablauf stören (mit eingeschlossen Streik). Ferner garantiere ich, dass ich nicht gegen das Betriebsregelwerk verstoßen werde. Bei einem Verstoß rechne ich damit, für den entstandenen Schaden eine finanzielle Wiedergutmachung zahlen zu müssen, bei einem schweren Verstoß kann das Ergebnis eine Entlassung sein, gegen die ich keinen Widerspruch einlegen kann. Ich garantiere hiermit alle in diesem Schreiben genannten Punkte.“ Nicht wenige Arbeiterinnen gaben dem Druck der Firmenleitung nach, unterschrieben die Verpflichtung und gaben ihren Fingerabdruck.
Am 16.Oktober schloss die Firmenleitung 50 streikende Arbeiterinnen, die die Gründung einer Gewerkschaft forderten einfach vor dem Eingangstor der Fabrik aus. Die Mehrheit der streikenden Arbeiterinnen kamen von außerhalb und waren ungefähr um die 20 Jahre alt. Die Streikenden hatten das Glück, vom ACFTU Rat und Unterstützung zu bekommen. Während des Streiks standen Zhang Jun, der Ehemann von Liu Meizhen und der ACFTU in direktem Kontakt, und er erstattete den Kadern regelmäßig Bericht über die Situation der Arbeiterinnen und ihren Streik mit der Forderung nach der Gründung einer Gewerkschaft.
Im Morgengrauen des 18. Oktobers um 5 Uhr, kamen der stellvertretende Vorsitzende Yu Deming und zwei Abteilungsleiter der Abteilung für den Aufbau von Basisgruppen aus der Zentrale des ACFTU nach Yantai, um die streikenden Arbeiterinnen bei ihrer Forderung nach der Gründung einer Gewerkschaft zu unterstützen.
Am 20.Oktober hängte die Firmenleitung in einem Glasschaukasten gegenüber der Werkskantine ein Schreiben aus, in dem sie verlauten ließen, dass Liu Meizhen und die mit ihr aktiven sechs Kolleginnen entlassen seien, inzwischen zum dritten Mal. An jenem Tag, nachmittags um 16 Uhr, als sich die Arbeiterinnen der Firma Ole Wolf gerade auf die Teilnahme an der Wahl zur Gründung der Gewerkschaft vorbereiteten und der Vorsitzende des Fushan-Ortsverbands des ACFTU, Kollege Kong, eine Namensliste mit den Kandidatinnen vorbereitete, sagte der Leiter der Arbeitsaufsichtsbehörde, Herr Guo, als er auf der Liste die Namen von Liu Meizhen und ihren sechs Kolleginnen sah: „Diese Arbeiterinnen wurden bereits entlassen, daher brauchen sie gar nicht erst an den Wahlen teilnehmen.“ Dann strich er die sieben Namen auf der Liste einfach durch. Diese Worte und Handlungen von Herrn Guo waren ausschlaggebend für die Entstehung von mehreren Konflikten zwischen der Gewerkschaft und der Arbeitsaufsichtsbehörde des Bezirks Fushan.
Am 20.Oktober, abends um 19 Uhr, war mit der aktiven Unterstützung der führenden Kader der ACFTU, der Gründungsprozess einer Gewerkschaft auf Betriebsebene in der Ole Wolf (Yantai) Elektronik GmbH (genannt Ole Wolf Gewerkschaft) erfolgreich vollendet! Die 28-jährige Arbeiterin Wang Zhaori wurde zur Vorsitzenden, Yu Liyan zur stellvertretenden Vorsitzenden und Jiang Qianqiu zur Vorstandsbeisitzerin gewählt.
Am 31.Oktober wurde Liu Meizhen dann zum vierten Mal entlassen! Konfrontiert mit den starken ausländischen Investoren, wurden jegliche Handlungsmacht der Arbeitsaufsichtsbehörde des Bezirks Fushan noch mehr dahingehend beeinflusst, nicht die Belange der Arbeiterschaft zu unterstützen…
Bereits am 17.Oktober um 15:15, hatte ein Vertreter der Arbeitsaufsichtsbehörde eine Versammlung in der Firma Wolf einberufen. Als der Herr Shi, der Leiter der Arbeitsaufsichtsbehörde, gerade den Betrieb verlassen wollte, stellte Liu Meizhen ihm noch eine Frage: „Wenn die Arbeiterinnen die Gründung einer Gewerkschaft fordern, warum stellt man uns nicht wieder ein und lässt uns weiterarbeiten?“ erwiderte: „Ihr wurdet bereits von der Firmenleitung entlassen, und ihr könnt natürlich einen Gerichtsprozess durchlaufen oder einen Schiedsspruch nach einer Vermittlung fällen lassen, aber ich habe mit dieser Angelegenheit nichts zu tun!“ Eine Arbeiterin sagte zu ihm: „Bei der Gründung der Gewerkschaft bekommen wir doch auch die Unterstützung des ACFTU auf zentraler Ebene, und man hat uns dazu aufgefordert auch um Hilfe auf der lokalen Ebene zu fragen.“ Herr Shi erwiderte: „Was verstehen die schon dort auf der zentralen Ebene?!“ Eine andere Arbeiterin fragte daraufhin: „Können Sie für alles von Ihnen gesagte auch die Verantwortung vor dem Gericht übernehmen?“ Herr Shi rief aufgebracht: „Ja, natürlich könnte ich die Verantwortung dafür vor Gericht übernehmen! Zu jenem Zeitpunkt sagte der Herr Guo von der Arbeitsaufsichtsbehörde zum Sicherheitspersonal am Eingangstor: „Bitte entfernen Sie diese Personen, sie gehören nicht zum Betrieb, und schließen sie im Anschluss dass Eingangstor.“ Eine der Arbeiterinnen, die an dem Streik teilgenommen hat, erinnert sich folgend an die Situation: „Zu Beginn hatten wir große Hoffnungen auf die Unterstützung durch die Vertreter der Arbeitsaufsichtsbehörde gesetzt. Sie blieben sehr lange im Büro der Firmenverwaltung und als sie wieder herauskamen, hatten wir große Hoffnung. Das Ergebnis des Besuchs in der Firmenverwaltung war jedoch wie in einen Eiswürfel zu beißen, ein Gefühl der Kälte ging einem durch Mark und Bein! Wir hatten wirklich nicht gedacht, dass wir von einem hohen Funktionär der Arbeitsaufsichtsbehörde solche Sätze zu hören bekommen würden!“ Alles was die Arbeitsaufsichtsbehörde sagte und tat diente der Unterstützung der Firmenleitung, skrupellos ließen sie sich auf deren willkürliche und tyrannische Verhaltungsweise ein: die Firmenleitung konnte spontan innerhalb noch nicht einmal eines Monates eine gewöhnliche Arbeiterin vier Mal hintereinander entlassen!

Die Gewerkschaft wird nicht anerkannt..

Wang Zhaori:
Wang Zhaori wurde entlassen, weil sie sich konsequent für die legitimen Rechte und Interessen der Arbeiterinnen eingesetzt hat. Nachdem die Gewerkschaft Ole Wolf gegründet worden war, setzte sie sich als ersten Schritt für die gerade entlassenen Arbeiterinnen ein und sorgten dafür, dass sie wieder eingestellt wurden und ihre Arbeit fortsetzen konnten. Zeitgleich forderten sie die Firmenleitung dazu auf, endlich schriftliche Arbeitsverträge mit den Arbeiterinnen abzuschließen und für sie in die Sozialversicherung einzuzahlen. Nach der Gründung der Gewerkschaft bestand die größte Herausforderung darin, dass die Firmenleitung sich grundlegend weigerte, den legitimen Status der Gewerkschaft anzuerkennen. Sie behauptete sogar, der Streik der Arbeiterinnen diene ausschließlich dazu „Leute zu versammeln, um sie gegen die Firmenleitung aufzuhetzen, nichts als Ärger zu machen und sich vor der Arbeit zu drücken “. Um der Gewerkschaft zu einem legitimen Status zu verhelfen, griffen die Gewerkschaftsmitglieder, entsprechend der Empfehlung des ACFTU, auf ein Schlichtungsverfahren zurück. Dieser Ratschlag spiegelte sowohl die Machtlosigkeit der chinesischen Gewerkschaften angesichts der Konfrontation mit starken Arbeitgebern wider, als auch, dass sie keine anderen Machtbefugnisse hatten, um alternativ einen Weg einzuschlagen, auf dem sie den Bedürftigen der Gesellschaft helfen konnten.
Am 23.Oktober 2006 erklärte die Vorsitzende der Gewerkschaft Liu Meizhen und ihren sechs Kolleginnen, dass der Vorstand die Idee entwickelt hätte, den Streik fortzusetzen, um somit Druck hinsichtlich der Forderung einer Wiedereinstellung der Kolleginnen auf die Firmenleitung auszuüben. Die sechs Arbeiterinnen akzeptierten dann jedoch den Vorschlag des ACFTU, durch ein Schlichtungsverfahren ihre legitimen Rechte und Interessen zu verteidigen.
Am 31.Oktober entließ die Firma Ole Wolf zum vierten Mal Liu Meizhen, dieses Mal mit der Begründung, sie habe mit dem Streik zur Forderung nach der Gründung einer Gewerkschaft andere Arbeiterinnen „dazu aufgehetzt Ärger zu machen und von der Verrichtung ihrer Arbeit abgehalten“. Diese Aussage entsprach einer völligen Absage an die Legitimität des Streiks für die Gründung einer Gewerkschaft. Bis hierhin waren die Arbeiterinnen einen rechtlichen Weg gegangen, um einen legitimen Status der Gewerkschaft zu erreichen, und das hatte sich zur Kernstrategie der Arbeit der Gewerkschaft Ole Wolf entwickelt. Ende Oktober reichte die Gewerkschaft unvermittelt (nach der Negierung der Legitimität ihrer Gründung) eine Klageschrift bei der Schlichtungskommission für Arbeitsdispute im Bezirk Fushan ein.
Am 13. November tagte die Kommission und es gab eine Anhörung mit den sechs Arbeiterinnen zu ihrem Fall in der Firma Ole Wolf.
Am 18. Dezember 2006 verkündete die Kommission ihren Schiedsspruch und führte dafür den Paragraphen 133 des Schlichtungsregelwerks für Arbeitsdispute von 2006 an. Die Kommission war der Ansicht, dass die Firma Ole Wolf die Regelung für die Gründung von Gewerkschaften, gültig auf nationaler und Provinzebene, negiert habe. Die sechs Arbeiterinnen sowie weitere Arbeiterinnen hätten am 7., 8., 12. und 13. Oktober ihre Arbeit niedergelegt. Für die Arbeitsniederlegung hätten sie jedoch einen rechtmäßigen Grund gehabt, die Firmenleitung könne es nicht als willkürliches Fernbleiben von ihrer Arbeit bewerten, und somit auch nicht das Arbeitsverhältnis und den Arbeitsvertrag mit den sechs Arbeiterinnen basierend auf dieser Begründung aufheben. Der Schiedsspruch lautete, dass die Auflösung des Arbeitsverhältnis mit den sechs Arbeiterinnen annulliert werde, beide Seiten müssten ihre Zusammenarbeit entsprechend dem Arbeitsvertrag fortsetzen, ferner wurde eine Gebühr von 520 RMB für die Schlichtung erhoben, die von der Firma Ole Wolf getragen werden musste. Zhang Jun verfasste sofort im Anschluss einen Bericht über die guten Neuigkeiten und schickte ihn an den ACFTU.
Am 1.Januar 2007, morgens gegen 9Uhr, beglückwünschte der ACFTU der Gewerkschaft Ole Wolf (per Handy mit einer SMS): „Herzlichen Glückwunsch zu Eurem Sieg im Schlichtungsverfahren, wenn man bis zum bitteren Ende Ausdauer zeigt, dann kann man gewinnen! Bitte übersendet uns doch die Namen der sieben Arbeiterinnen, unabhängig in welchem Beruf sie arbeiten, sie sollen alle bei der Organisierung der Gewerkschaft teilnehmen, und durch die Organisierung selbst ihre Rechte und Interessen vertreten. Ein Frohes Neues Jahr!“ Zhan Jun nutzte diese informelle Art und Weise um mit den Verantwortlichen beim ACFTU in Kontakt zu bleiben.
Nachdem Wang Zhaori den Vorsitz in der Gewerkschaft übernommen hatte, bekam sie sehr schnell großen Druck zu spüren. Der Fushan-Ortsverband des ACFTU hatte ihnen nach der Gründung der Gewerkschaft „die Anweisung gegeben“, dass sie als Gewerkschaft keinen „aktiven Widerstand“ gegen die Firmenleitung leisten sollten; diese Anweisung bereite Wang Zhaori und ihren Kolleginnen jedoch Kopfzerbrechen: wenn die Firmenleitung nach wie vor die Legitimität der Existenz der Gewerkschaft nicht anerkannte, wer leistete dann „Widerstand“ bei dem Versuch einer friedlichen Zusammenarbeit?
Um so schnell wie möglich die Qualifikation und fachliche Kompetenz der Funktionäre der Gewerkschaft Ole Wolf zu erhöhen, bat Wang Zhaori mehrfach den Fushan-Ortsverband des ACFTU um Unterstützung, sie hatten die Hoffnung fachliches Training und Unterstützung zu bekommen. Der Ortsverband erwiderte auf ihre Anfrage jedoch die Gewerkschaft Ole Wolf hätte gegenwärtig kein Geld, um ihre Mitglieder an einem Training des ACFTU teilnehmen zu lassen, und sie sollten zu einem späteren Zeitpunkt mit ihrer Anfrage wiederkommen. Damals bestand jedoch unmittelbar die Notwendigkeit eines Trainings. Zhang Jun griff notgedrungen auf sein eigenes Wissen im Bereich des Arbeitsrechts zurück und unterstützte die Funktionäre der neu gegründeten Gewerkschaft nach allen Kräften. Der zweite Aspekt, der Wang Zhaori viel Stress bereitete, war das Verhalten der Firmenleitung.
Im Februar 2007 wurde Wang Zhaori von ihrem ursprünglichen Arbeitsplatz in der „Drahtspulenfertigung“ in eine wesentlich schlechtere Position in die „Produktionsvorbereitung“ versetzt, in der man sich leicht verletzen konnte; die Firmenleitung verschob illegitimer Weise immer wieder die Zahlung von Gewerkschaftsmitgliedsbeiträgen; die sieben Arbeiterinnen hatten das Gefühl, bei dem Versuch, ihre Rechte und Interessen durchzusetzen, als würden sie immer wieder mit dem Kopf gegen eine Mauer stoßen...
Aber es kam noch schlimmer: am 08.März, dem Weltfrauentag, machte die Firmenleitung einen öffentlichen Aushang, der besagte, dass Wang Zhaori und die stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft entlassen seien. Wang Zhaori und die stellvertretende Vorsitzende hatten jedoch die Arbeiterinnen hinter sich und führten sogleich einen einwöchigen Streik mit der Forderung nach einem Festhalten an dem Arbeitsverhältnis zwischen der Firma und den beiden entlassenen Arbeiterinnen und nach schriftlichen Arbeitsverträgen für alle Arbeiterinnen durch. Dieser Streik führte am Ende zu einem Sieg, die beiden entlassenen Gewerkschaftsführerinnen konnten ihre Arbeit wieder aufnehmen und die Firma wurde gezwungen, mündlich ein Versprechen zu geben, schriftliche Arbeitsverträge für alle Arbeiterinnen vorzubereiten. Obwohl sie diesen Streik gewonnen hatten, war Wang Zhaori zunehmend mehr Druck durch die Firmenleitung ausgesetzt.
Die Behörde und ihre Rolle
Der dritte Stressfaktor stellte für sie die Arbeitsaufsichtsbehörde des Bezirks Fushan dar. Die beiden folgenden Geschichten, ausgewählt aus ihrem Arbeitstagebuch, spiegeln die ungerechte Behandlung wider, der sie während ihrer Arbeit für die Gewerkschaft fortlaufend ausgesetzt war.

Am 15. März 2007 besuchten Wang Zhaori und Jiang Qianqiu ein Büro der Arbeitsaufsichtsbehörde. Direktor Guo fragte sie: „Wozu seid ihr denn schon wieder hergekommen?!“ Frau Wang erwiderte: „Es geht immer noch um das alte Thema, um die Unterzeichnung eines Einjahresvertrags für das Jahr 2007.“ Direktor Guo sagte daraufhin: „Diese Angelegenheit haben wir doch schon längst geklärt, die Firma hat geantwortet dass es rechtmäßig ist, mit euch Arbeitsverträge abzuschließen. Einen Dreimonatsvertrag abzuschließen, ist jedoch auch legitim.“ Frau Wang sagte: „Die Forderung nach Abschluss eines Einjahresvertrags ist ebenfalls rechtmäßig.“

Wang Zhaori hatte sich während des Gesprächs Notizen gemacht und Direktor Guo herrschte sie wütend an: „Was notierst du da eigentlich alles?“ Er stand auf, nahm ihr Notizbuch weg und riss die entsprechende Seite einfach heraus und rief: „Wer gibt dir eigentlich das Recht, über das, was ich mache, Notizen anzufertigen, diese Seite hier bleibt bei mir.“ Im Anschluss zerriss er die Seite in kleine Fetzen. Frau Wang sagte zu ihm: „Was immer Sie auch sagen, ich notiere es mir genau, meinen Sie etwa, ich würde dabei etwas Falsches notieren?“

Wang Zhaori schrieb später an jenem Tag eine Bemerkung in ihr Notizbuch: „In der Situation hatte ich das Gefühl, dass ich eine Frau bin, auch wenn ich natürlich gleichzeitig den Vorsitz einer Gewerkschaft innehalte, wenn ich mich jeden Tag mit diesem Mann herumstreiten müsste, gäbe es bestimmt richtig Ärger, es wäre unmöglich auch nur irgendeine Angelegenheit erledigt zu bekommen. Wir sind doch nur gekommen, um die Arbeitsaufsichtsbehörde um Hilfe bei der Schlichtung einer Angelegenheit zu bitten.“

An diesen beiden Erfahrungen, die Wang Zhaori mit der Arbeitsaufsichtsbehörde gemacht hat, kann man sehen, dass die Vertreter der Behörde die neu gegründete Gewerkschaft Ole Wolf keineswegs unter ihre Fittiche genommen hatte. In den Augen der Behördenvertreter waren die Qualifikationen der Gewerkschaft Ole Wolf grundsätzlich nicht ausreichend, um von der Behörde in ihren Anliegen ernst genommen zu werden. Da sich die Organisation noch im Formationsprozess befand, war eine Vertreterin der Gewerkschaft Ole Wolf nicht wirklich ein Ehrengast für Direktor Guo. Eine derartig offensichtlich herablassende Behandlung durch die Behörden machte den Weg zur Durchsetzung der Rechte und Interessen der Arbeiterschaft für die Gewerkschaft Ole Wolf extrem mühsam. Wang Zhaori sagte in diesem Kontext: „Wenn ich eines Tages diese Arbeit nicht mehr mache, dann habt ihr dass diesen Leuten zu verdanken.“

Kurze Zeit später verließ Wang Zhaori tatsächlich aufgrund von großer Erschöpfung die Firma. Ihr Abschied erzeugte unter den Arbeiterinnen ein Gefühl der Entmutigung. Die bisherige stellvertretende Vorsitzende, Jiang Qianqiu übernahm an ihrer Stelle die Verantwortung für die Führung der Gewerkschaft.

Vier Tage Vorsitzende, dann wurde sie entlassen...

Jiang Qianqiu:
Auch sie wurde entlassen, weil sie der Firmenleitung vorgeschlagen hatte, die Arbeitsbedingungen in der Firma Ole Wolf zu verbessern. Nachdem Wang Zhaori die Firma verlassen hatte, übernahm Jiang Qianqiu deren Arbeit. Nach vier Tagen in der Position als Vorsitzende der Gewerkschaft wurde sie jedoch bereits entlassen. Am Nachmittag des 6. Juni 2007 wurde von der Firmenleitung an die Arbeiterinnen aus der Stromleiter-Produktion die Anweisung gegeben, Spulen abzuspülen Für diesen Prozess wurde ihnen ein „Farbverdünnungsmittel“ auf Benzolbasis gegeben und es wurden keine Arbeitsschutzmaßnahmen vorgenommen. Die Arbeiterinnen tauchten demnach mit bloßen Händen die Spulen tief in die Flüssigkeit ein. Nachdem sie diesen Vorgang fünf Stunden durchgeführt hatten, litten sie unter Schwindel, Übelkeit, tränenden Augen und anderen Vergiftungssymptomen. Nachdem Jiang Qianqiu von diesem Vorfall gehört hatte, machte sie sich große Sorgen und wurde sehr wütend. Sie hatte vor diesem Vorfall schon mehrere Male mit der Firmenleitung über die Notwendigkeit der Bereitstellung von Arbeitsschutzmaßnahmen diskutiert, die Firmenleitung jedoch hatte keine Gefahr in der Verwendung von Farbverdünnungsmitteln gesehen und ihre Forderung durchweg abgelehnt.
Am 7. Juni morgens gegen 8:30, versammelte Jiang Qianqiu die erkrankten Arbeiterinnen und sie begaben sich zum Büro des Produktionsleiters und forderten die Firmenleitung dazu auf, ihnen Arbeitsschutzkleidung wie Handschuhe und Schutzmasken auszuhändigen und für eine ausreichende Lüftung der Arbeitsräume zu sorgen. Der aus Dänemark stammende Produktionsleiter sagte zu Jiang Qianqiu: „Na, geh du doch auch runter und spüle Spulen ab, ich gebe dir zwei Minuten Bedenkzeit, wenn du nicht gehst, bist du entlassen.“ Dann zeigte er mit dem Zeigefinger auf die anderen Arbeiterinnen: „Ihr fühlt euch nicht wohl? Was habt ihr nur wieder zuhause für Sachen gegessen!? Das hat mit der Firma doch nichts zu tun!“ Im Anschluss zeigte er mit dem Finger auf Jiang Qianqiu und sagte: „Schau mal auf die Uhr, Manager Li (Yulan) ist gekommen, was diskutieren wir hier eigentlich noch, es ist schon spät.“ Jiang Qianqiu antwortete: „Die Firma kann mich nicht beliebig unerwartet in eine andere Arbeitsposition versetzen, es gibt dazu klare gesetzliche Regelungen.“ Als Manager Li von der Personalabteilung dazu kam, zeigte der dänische Produktionsleiter wieder mit dem Finger auf die anderen Arbeiterinnen und fragte: „Fordert ihr etwa auch Arbeitsschutzmaßnahmen?“ Die Arbeiterinnen antworteten: „Ja, das fordern wir.“ Daraufhin erwiderte der dänische Manager: „Ihr habt genau drei Minuten Zeit zum Überlegen, es gibt keine Arbeitsschutzmaßnahmen, ob ihr hier weiter arbeitet oder nicht, liegt bei euch, schaut auf die Uhr, wenn ihr nicht weiterarbeiten wollt, ist euer Arbeitsvertrag hiermit aufgelöst!“ Die Arbeiterinnen sagten: „Wir wollen doch nur, dass ihr uns Arbeitsschutzmaßnahmen gebt, wir arbeiten dann ordentlich weiter, oder die Firmenleitung muss uns an unsere vorherige Arbeitsposition zurück versetzen!“ Managerin Li Yulan von der Personalabteilung sagte: „Die drei Minuten sind vorbei, kommt doch mit mir mit, ihr werdet entlassen! Wir gehen in mein Büro und erledigen gleich die notwendigen Formalitäten.“ Die Arbeiterinnen gingen im Anschluss zum Versammlungsraum und warteten bis zum Schichtende, aber es passierte nichts.
Während die Arbeiterinnen zum Versammlungsraum gingen, war Jiang Qianqiu schon zur Gesundheitsbehörde aufgebrochen, um als Vertreterin der Gewerkschaft gegen das illegale, fahrlässige Vorgehen der Firmenleitung Klage einzureichen.

Als Jiang Qianqiu am nächsten Morgen um 8 Uhr zur Fabrik kam, wurde sie schon nicht mehr durch das Eingangstor gelassen. Nachdem die Gesundheitsbehörde die Anklage überprüft hatte, forderte sie die Firmenleitung auf, Handschuhe und Mundschutzmasken bereit zu stellen und für eine gute Luftzirkulation in den Arbeitsräumen zu sorgen, die Firma sei dazu rechtlich verpflichtet. Ferner wurde auch bestätigt, dass Jiang Qianqiu eigentlich nicht auf diese Weise unangekündigt und ohne Erklärung entlassen werden könne. Es war offensichtlich, dass Jiang Qianqiu, nachdem sie die Verantwortung für die Führung der Gewerkschaft übernommen hatte, den Racheakten und Repressalien der Firma ausgesetzt war. Auch nach ihrer Entlassung, setzte sie in der Position als stellvertretende Vorsitzende ihre Gewerkschaftsarbeit fort und war für die Verteidigung der legitimen Rechte und Interessen der Arbeiterinnen aktiv. Sie begab sich noch etliche Male zur Arbeitsaufsichtsbehörde, zur Petitionsbehörde, zum Ortsverband des ACFTU und zu anderen Institutionen, um Klageschriften einzureichen, in der Hoffnung sie könne ihre Arbeit bei der Firma Ole Wolf wieder aufnehmen.

Um ihre Rechte und Interessen als Gewerkschaftsvorsitzende zu verteidigen, konnte sie sich nur auf die Bestimmungen im Paragraph 51 des „Gewerkschaftsgesetzes“ und im Paragraph 29 der „Bestimmungen für die Aufsicht von Arbeitsbeziehungen“, beziehen, nach denen sie nicht willkürlich entlassen werden dürfte. Ein Kader des Fushan-Ortsverbands des ACFTU erklärte ihr jedoch, dass mit dem im „Gewerkschaftsgesetz“ und in den „Bestimmungen für die Aufsicht von Arbeitsbeziehungen“ ein hoher Funktionär bei einer Gewerkschaft wie dem ACFTU gemeint sei, nicht der Vorsitzende in einer kleinen Gewerkschaft auf Betriebsebene wie der Gewerkschaft Ole Wolf. Vor dem Hintergrund, dass Jiang Qianqiu weiterhin auf ihrer Forderung bestand, wieder bei der Firma Ole Wolf eingestellt zu werden, war ein Kader der Arbeitsaufsichtsbehörde in Fushan jedoch der Ansicht, dass „wenn die Firmenleitung ihr eine Wiedergutmachung in Form von zwei Monatsgehältern anbieten würde, dann sei es legal, wenn sie ihre Wiedereinstellung ablehne.“

Wenn sogar ein Regierungsbeamter zu Jiang Qianqiu sagte, dass er nicht verstünde, warum sie „wenn sie schon von der Firma Ole Wolf entlassen wurde, noch Energie mit dieser Angelegenheit verschwenden wolle?“, wie sollte sie da nicht die Hoffnung verlieren? Solche Bemerkungen waren für sie nur schwer zu ertragen. Sie hatte jedoch keineswegs vor, in dieser Angelegenheit bereits aufzugeben, sondern wurde noch aktiver und wandte sich an diverse Abteilungen der lokalen Regierung, des ACFTU, mit der Hoffnung mit ihren Bemühungen ihre eigenen und die legitimen Rechte und Interessen der anderen Arbeiterinnen durchzusetzen. Unter den emsigen Aktivitäten von Jiang Qianqiu und Zhang Jun (in der Funktion eines Beraters) konnte die Gewerkschaft Ole Wolf eine Vielzahl von wichtigen Siegen erringen.
Am 22. Oktober 2007, entschied der Mittlere Volksgerichtshof der Stadt Yantai in Bezugnahme auf Paragraph 456 des Zivilgesetzbuches, dass „im Kontext des Schiedsverfahrens, die Vorsitzende und die Vizevorsitzende der Gewerkschaft Ole Wolf als Zeuginnen hier bezeugen können, dass am 7. und 8. Oktober die Firmenleitung verkündet habe, es handle sich um Ferientage, und die Firmenleitung könne nicht ausreichend nachweisen, dass die sechs in Berufung gegangenen Arbeiterinnen vorsätzlich die Arbeit an diesen Tagen verweigert hätten. 12. und 13. Oktober hatten Liu Meizhen und ihre sechs Kolleginnen die Arbeit niedergelegt, da sie mit ihrer Forderung nach der Gründung einer Gewerkschaft auf Hindernisse gestoßen waren. Forderung nach der Gründung einer Gewerkschaft sei dem Gesetz nach jedoch gerechtfertigt und legal gewesen und somit sei ihre Entlassung nicht mit vorsätzlichem Fehlverhalten in Form des Fernbleibens von der Arbeit diesem Kontext begründbar.“
Von dem siegreichen Schiedsspruch und dem schriftlichen Urteil abgesehen, konnten Liu Meizhen und ihre Kolleginnen jedoch in der Praxis keine Fortschritte sehen. Nachdem Liu Meizhen und Jiang Qianqiu ihre Anstellung verloren hatten, waren sie trotz aller Bemühungen nun schon mehr als ein Jahr arbeitslos. Diese bittere Erfahrung wurde von einem Journalist der lokalen Zeitung der Provinz Shandong, den “Qilü Abendnachrichten”, als „Die Schmerzen einer Graswurzelgewerkschaft in einem ausländischen Konzern bei der Verteidigung ihrer Rechte und Interessen” bezeichnet.
Innerhalb des Zeitraums, in dem Jiang Qianqiu von den verschiedenen involvierten Behörden wie ein Gummiball hin und her geworfen wurde, veranstaltete die Leiterin der Personalabteilung in der Firma Ole Wolf, Li Yulan, im Januar 2008 eine absolute „Lachnummer“ einer Vorstandswahl zur „Weiterentwicklung der Gewerkschaft Ole Wolf“, natürlich nicht um sich selbst in der Öffentlichkeit besser aussehen zu lassen, sondern zum Wohl der Gewerkschaft!
Der ACFTU auf Stadt- und Stadtteilebene entschieden jedoch umgehend, dass eine von der Firmenleitung organisierte Wahl der Gewerkschaftsfunktionäre illegal sei, und somit Jiang Qianqiu weiterhin für die Führung der Gewerkschaft verantwortlich sei. Von dem Zeitpunkt ihrer Entlassung im Juni 2007 bis zum Mai 2008, war Jiang Qianqiu kontinuierlich damit beschäftigt, von einer Stelle zur anderen zu laufen, sie war mehrfach bei der Arbeitsbehörde auf Stadt- und Stadtteilebene, bei der Petitionsbehörde, bei verschiedenen Abteilungen des ACFTU, bei Gerichtsstellen und anderen Institutionen und Organisationen. Sie erschöpfte sämtliche Strategien und Methoden, mit eingeschlossen Schlichtungsverfahren, Gerichtsverfahren, Petitionen, Medienberichterstattung, die Errichtung eines Blogs im Internet und alle weiteren erdenklichen Methoden, aber alle diese Bemühungen konnten die Leitung der Firma Ole Wolf nicht dazu bewegen, die Arbeitsgesetze der Volksrepublik China einzuhalten.
Aufgrund des Mangels an weiteren Alternativen, blieb der Gewerkschaft Ole Wolf keine andere Möglichkeit mehr übrig, als sich mit einem Brief an die dänischen Gewerkschaftsorganisationen zu richten und um Unterstützung zu bitten.
Dänische Gewerkschaftssolidarität
Nachdem der dänische Gewerkschaftsbund und alle mit der dänischen Zentrale der Firma Ole Wolf in Kontakt stehenden Gewerkschaftsorganisationen von ihren Problemen erfahren hatten, verfolgten sie die Ereignisse in Yantai rund um die Gewerkschaft Ole Wolf mit großer Aufmerksamkeit. Sie erfuhren weitere Details über die Situation der Arbeiterinnen durch den ACFTU auf nationaler Ebene und vom Fushan-Ortsverband und es wurde ein Treffen mit dem Direktor der Firma Ole Wolf vereinbart, um zu besprechen, wie die Einhaltung der chinesischen Arbeitsgesetze vorangetrieben werden könnte.
Im August 2008 kam ein Journalistenteam des dänischen staatlichen Fernsehens nach Yantai, um Interviews zu führen und ein tieferes Verständnis von der Situation der Gewerkschaft und den Repressalien seitens der Firmenleitung zu bekommen.
Im November 2008, unter dem Druck der dänischen Gewerkschaften und der Firma Denver, bezahlte die Firma Ole Wolf der ehemaligen Arbeiterin Jiang Qianqiu eine Kompensation in Höhe von 19.099,50 RMB; ferner zahlte sie an Liu Meizhen und ihre sechs Kolleginnen Kompensationen insgesamt in Höhe von mehr als 10.000 RMB. Liu Meizhen bekam davon anteilig jedoch kaum mehr als 1.000 RMB, was noch nicht einmal ausreichte, um die in den drei Jahren bei ihr und ihrem Ehemann Zhang Jun angefallenen Kopierkosten für Informationsmaterialien und das Ausdrucken von Gesetzestexten, abzudecken. Die geringe Höhe der Kompensation war offensichtlich eine Diskriminierung und ein Racheakt seitens der Firmenleitung. Obwohl zwischen den letztendlich ausgezahlte Kompensationen und der in einem Gerichtsurteil festgelegten Summe eines doppelten Jahresgehalts der Arbeiterinnen eine große Diskrepanz bestand, so kann die Auszahlung per se bereits als ein großer Erfolg bewertet werden.

Yu Liyan:
Sie wurde aufgrund eines Interviews mit einem dänischen Fernsehsender entlassen. Yu Liyan bildet mit das „Rückgrat“ der Gewerkschaft bei der Firma Ole Wolf. Während des Streiks im Oktober 2006 „versteckte“ sie sich in den Büros der Firmenverwaltung und konnte auf diese Art und Weise während des Streiks immer umgehend jeweils die neuesten Entwicklungen aus der Abteilungen an die Arbeiterinnen weiterberichten, was für den am Ende errungenen Sieg der Streikenden eine nicht unwichtige Rolle spielte.

Nach der Gründung der Gewerkschaft wurde sie zur stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Anfang 2007 gab sie die Position ab, nachdem sie schwanger geworden und ein Kind bekommen hatte, aber sie unterstütze weiterhin sehr aktiv die allgemeine Gewerkschaftsarbeit. Im Juni 2007, nachdem die Gewerkschaftsvorsitzende Jiang Qianqiu illegal von der Firmenleitung entlassen worden war, entwickelte sie neue Handlungsstrategien, hielt Versammlungen ab und trieb mit großem Elan die Gewerkschaftsarbeit voran. Im August 2008 kam ein Journalist des dänischen Staatsfernsehens nach Yantai und interviewte die Firmenleitung und die Arbeiterinnen der Firma Wolf. Zu dem Zeitpunkt, waren die Arbeiterinnen bereits von der Firmenleitung vorgewarnt worden, dass es absolut verboten sei, den dänischen Journalisten Interviews zu geben.

Unter dem Druck dieser Anweisung stehend, trauten sich viele Arbeiterinnen nicht, mit den dänischen Journalisten in Kontakt zu kommen. Liyan widersetzte sich jedoch dem Druck, gab während der Mittagspause dem Journalisten des dänischen Staatsfernsehens ein Interview und legte dabei die diversen illegalen Handlungen der Firma Ole Wolf offen. Nachdem das Interview in einem dänischen Fernsehprogramm ausgestrahlt worden war, geriet die Leitung der Firma Ole Wolf zunehmend unter Druck.
Anfang November erhielt Yu Liyan dann ihre Kündigung. Am Nachnittag des 28. Novembers suchte sie den Fabrikmanager auf und fragte nach dem Kündigungsgrund. Seine Antwort lautete: „Als das dänische Staatsfernsehen hier war, hatten wir euch eindeutig angewiesen, keine Interviews zu geben, du hast vorsätzlich gegen diese Anweisung gehandelt, du solltest also genau wissen, warum du entlassen wurdest!“ Es wurde an dieser Stelle mehr als offensichtlich, dass die Entlassung ein unmittelbarer Racheakt an der Gewerkschaftsfunktionärin war. Am Vormittag des 01.Dezembers reichte Yu Liyan eine Klage bei der Arbeitsaufsichtsbehörde des Bezirks Fushan ein.

Die Arbeitsaufsichtsbehörde war der Ansicht, dass ihre Entlassung ungültig sei, und schickte sie in die Firma zurück, sie solle einfach ihre Arbeit fortsetzen. Nachmittags um 14 Uhr suchte die Leiterin der Personalabteilung, Li Yulan, sie an ihrem Arbeitsplatz auf, und informierte sie, dass die Firma aufgrund der Finanzkrise gezwungen sei, ihre Belegschaft zu verkleinern und forderte sie zum wiederholten Male dazu auf, die Firma zu verlassen.

Am 3. Dezember um 10 Uhr morgens, begleitete Jiang Qianqiu ihre Kollegin Yu Liyan zur Arbeitsbehörde des Bezirks Fushan und sie reichten eine Klage gegen die illegale Entlassung ein, die Firmenleitung wolle sich offensichtlich an Yu Liyan rächen. Am Nachmittag um 16:40 wurde Yu Liyan von der Behörde benachrichtigt, dass ihre Klage hinsichtlich der ausstehenden Unterzeichnung eines Arbeitsvertrags und ihrer Forderung nach einer Entschädigung in Höhe von einem zweifachen Monatsgehalt angenommen worden sei, aber hinsichtlich der Höhe der Entschädigung für die Auflösung ihres Arbeitsverhältnisses sei es notwendig, über ein Schiedsgericht zu gehen.

Zhang Jun:
Er setzt alle seine Energie für die Beratung der Gewerkschaft der Firma Ole Wolf ein.
Zhang Jun ist ein gewöhnlicher Arbeiter des Bezirks Fushans der Stadt Yantai. Mit 16 Jahren, nach dem Abschluss der Mittelschule fing er in einem Staatsbetrieb als Elektrotechniker an. Nur kurz danach, gab ihm die Gewerkschaft in der Fabrik zunächst eine „Aufgabe für Grünschnäbel“, er war für die Verwaltung der Mitgliedsausweise zuständig und wurde somit ein Mitglied in der Gewerkschaft auf Betriebsebene. Er arbeitete im Anschluss an seine erste Stelle in einem Staatsbetrieb, nacheinander in einem Staatsbetrieb im Reformprozess, in einem Joint Venture, in einer Firma mit ausländischem Investment und einem Privatunternehmen. Es gab keine Gewerkschaften in den nichtstaatlichen Betrieben.

Im August 2001, als Zhang Jun sich noch in der Probezeit befand, wurde er vom Parteizellensekretär der Firma, der gleichzeitig auch der Gewerkschaftsvorsitzende war, entlassen, nachdem er den Beitritt in eine Gewerkschaft gefordert hatte. Zhang Jun brachte die Firma vor ein Arbeitsschiedsgericht, mit dem Ergebnis, dass er sich überraschenderweise Angesicht zu Angesicht in offener Konfrontation mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft des Betriebs befand. Dieser Gewerkschaftsfunktionär konnte sich leider nicht wirklich zu seiner Identität als Vertreter der Arbeiterschaft bekennen, dass ließ Zhang Jun seine Hoffnung in Bezug auf die Gewerkschaft in dem Betrieb endgültig verlieren. Seit dieser Erfahrung hatte Zhang Jun den innigen Wunsch, eines Tages Mitglied einer echten Gewerkschaft zu werden. Zhang Jun war schon immer sehr gut im Lernen und hatte den Wunsch durch ein Studium sein Wissen zu vergrößern. Ende 1987, kurz nach seinem Einstieg ins Berufsleben, machte er zusätzlich einen spezialisierten Fachschulabschluss.

In den 1990er Jahren eignete er sich autodidaktisch diverses Rechtswissen an. Infolge seiner Ausbildung ist er davon überzeugt, dass es möglich ist, alle Probleme auf rechtlichem Wege zu lösen. Es ist seither sein Ziel, sein Rechtswissen für das Allgemeinwohl von Staat und Gesellschaft einzubringen. Nachdem er im Kontext der Erfahrungen seiner Frau von den Verstößen der Firma Ole Wolf gegen das chinesische Arbeitsgesetz erfahren hatte, wollte er die Arbeiterinnen dabei unterstützen, Gerechtigkeit zu bekommen. Was ihn hoch erfreute war die Tatsache, dass der ACFTU die Arbeiterinnen in der Firma Wolf sogar dabei unterstützte, ihre eigene Gewerkschaft aufzubauen.

Kurz nach der Gründung der Gewerkschaft Ole Wolf, stellte Zhang Jun einen kleinen Rechtsratgeber zusammen, den er dreißig Mal ausdruckte und an die Gewerkschaftsmitglieder in der Hoffnung verteilte, sie somit mit einer „effektiven Waffe“ zur Verteidigung ihrer legitimen Rechte und Interessen auszustatten. Er wollte damit seine Ehefrau, aber natürlich gleichzeitig auch die anderen Arbeiterinnen unterstützen. Alle Klageschriften, Gerichtsvorlagen, Petitionen etc. der Arbeiterinnen wurden von ihm verfasst. Die Anwälte des ACFTU auf nationaler Ebene konnten ihm einige zusätzliche Ratschläge und Hilfestellungen geben. Die Arbeitsaufsichtsbehörde des Bezirks Fushan lehnte mehrfach Klagen von Liu Meizhen, Jiang Qianqiu und ihren Kolleginnen mit der Begründung einer „Verwaltungsauslassung“ (administrative omission) ab, sie seien für eine Angelegenheit dieser Art nicht zuständig.
Zhang Jun wandte sich mehrfach an die relevanten Behörden und reichte eine Klage ein, dass die Arbeitsaufsichtsbehörde ihren rechtlichen Pflichten nicht nachgekommen seien. Er ging hintereinander fünf Mal zum Gericht, um etwas zu den Akten zu geben und verklagte die Arbeitsbehörde und die für die Sozialversicherung zuständige Behörde aufgrund der Verwaltungsauslassung.
Im September 2009 erhielt Zhang Jun eine Einladung vom dänischen Gewerkschaftsbund, nach Dänemark zu kommen, um Informationen und Erfahrungswerte auszutauschen und sich zu vernetzen. Während des Austausches berichtete er den dänischen Gewerkschaften von den Verstößen der Firma Ole Wolf gegen die chinesischen Arbeitsgesetze, dem Druck den die Firmenleitung auf die Gewerkschaft ausgeübt hat und den offensichtlichen Racheakten gegenüber den engagierten Arbeiterinnen.
Er stattete auch den beiden Direktoren der Firma Ole Wolf einen Besuch ab, aber zunächst waren weder Vater noch Sohn zu einem Gespräch bereit. Die dänischen Gewerkschaften versuchten mit allen Kräften, ein Treffen zu arrangieren, aber ihre Bemühungen blieben erfolglos. Zhang Jun wandte sich mit folgenden Worten an die beiden: „Sie haben heute ein Treffen mit einer chinesischen Graswurzelgewerkschaft abgelehnt, wir bedauern das wirklich sehr und können ihrer arroganten Haltung gegenüber nur Verachtung empfinden.“ Nachdem Zhang Jun diesen Satz beendet hatte, verließ er das Gelände vor dem Haus. Als er gerade aufbrechen wollte, kam jedoch der Sohn, Simon, aus dem Haus heraus und teilte ihm mit, dass sie mit ihm sprechen würden, das Gespräch könne jedoch nicht länger als 15 Minuten dauern. Die zeitliche Beschränkung machte es für Zhang Jun, der kein Englisch sprechen kann, sehr schwer, sein Anliegen in allen Details darzulegen, er ergriff jedoch die Chance und schilderte mit der Hilfe eines Übersetzers mit Bezugnahme auf die rechtliche Situation in China, wie die Firmenleitung in Yantai auf illegale Art und Weise Liu Meizhen, Jiang Qianqiu und die anderen Arbeiterinnen entlassen hat, dass der Abschluss der Sozialversicherung für die Arbeiterinnen immer noch aussteht, sowie dass die Firmenleitung illegal die Personalakten von Liu Meizhen, Jiang Qianqiu und weiteren Arbeiterinnen einbehalten hat. Man könnte sagen, dass obwohl seine Reise nach Dänemark den Arbeiterinnen der Firma Wolf keinen konkreten Nutzen gebracht hat, er zumindest in Europa der Stimme einer chinesischen Graswurzelgewerkschaft Gehör verschafft und sich für die Menschenwürde der chinesischen Arbeiterinnen eingesetzt hat. Das könnte noch wichtiger als irgendeine Form einer finanziellen Entschädigung sein!

Gegenwärtig hat die Firma Ole Wolf in Yantai bereits die Produktion eingestellt, nur noch ein Buchhalter, ein Mitarbeiter der Verwaltung sowie ein von der Firma angestellter Anwalt, der sich mit der Nachlassenschaft und Auflösung des Betriebs befasst, befinden sich noch dort. Entsprechend dem Gewerkschaftsgesetz, besteht die Gewerkschaft Ole Wolf noch. Sie wird auch weiterhin von Jiang Qianqiu geführt und Zhang Jun kümmert sich um die Nachlassenschaft und Auflösung der Gewerkschaft.

Der dänische Chef der Firma Ole Wolf sieht die Verantwortung für den Niedergang der Firmenniederlassung bei der Vorsitzenden der Gewerkschaft. Er wirft ihr vor, die Gewerkschaftsmitglieder hätten Sabotage betrieben und die Firma auf diese Art und Weise ruiniert. Zu jenem Zeitpunkt waren nicht nur immer noch nicht die Personalakten von Liu Meizhen, Jiang Qianqiu und den anderen Arbeiterinnen von der Personalverwaltung zu den entsprechenden Abteilungen der Arbeitsbehörden und der Behörde für Sozialversicherung des Bezirks Fushan weitergeleitet worden, sondern auch noch nicht Zhang Juns Arbeitsvertrag, den die Firmenleitung nicht gewagt hatte zu unterschreiben.
Er war zu jener Zeit der einzige Vorarbeiter in der Elektrotechnik, der Grund für die Verweigerung einen Vertrag abzuschließen war eindeutig seine Tätigkeit als Berater der Gewerkschaft Ole Wolf.

In diesem Kampf zwischen der Gewerkschaft und der Leitung der Firma Ole Wolf ist am Ende keine Seite als Gewinner hervorgegangen.

Wenn Zhang Jun sich rückbesinnt auf die Konfrontationen mit der tyrannischen Firmenleitung, die es nie für nötig hielt, eine Erklärung für ihr Verhalten zu geben, mit dem jammervollen Ausgang der Ereignisse für die Arbeiterinnen, die Begegnungen mit der lokalen Regierung, insbesondere mit den für die Durchsetzung der Arbeitsgesetze zuständigen Abteilungen und diversen Abteilungen des ACFTU, kommt er zur Schlussfolgerung: Auf welche Weise auch immer, wenn wirtschaftliche Entwicklung mit sozialer Stabilität einhergehen soll, dann müssen die Rechte und Interessen eines jeden Arbeiters, einer jeden Arbeiterin berücksichtigt und seine/ihre Menschenwürde darf nicht verletzt werden. Die Beantwortung dieser Fragen stellt für AkademikerInnen und AktivistInnen, die sich in der Theorie und Praxis mit Arbeitsbeziehungen beschäftigen, eine große Herausforderung dar.

Jedoch nur wenn man von der praktischen Ebene ausgeht, können effektive Lösungen für die ArbeiterInnen, die Betriebe und die lokale Regierung gefunden werden und gerechten und harmonische Arbeitsbeziehungen aufgebaut werden.

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Anmerkungen:

Zhang Jun ist als Berater für die Gewerkschaft der Firma Ole Wolf tätig;
Liu Meizhen ist Vertreterin der Arbeiterinnen der Firma Ole Wolf und Zhang Juns Ehefrau, sie wurde innerhalb eines Monats vier Mal entlassen.
Jiang Qianqiu ist die Vizevorsitzende der Gewerkschaft in der Firma Ole Wolf, sie wurde entlassen, weil sie die Arbeitsbedingungen in der Firma Ole Wolf verbessern wollte.

Autor:

Liu Jian ist Doktorand am Institut für Politik und Verwaltung allgemeiner Öffentlicher Angelegenheiten der Sun Zhongshan (Sun Yatsen) Universität und spezialisiert auf politische Theorie und die Politik der Arbeitsbeziehungen im Kontext der gesellschaftlichen Transformation.


Erschienen auf Chinesisch in der Monatszeitschrift “Chinese Workers“ Nr. 6/2010 (http://www.chineseworkers.com.cn/_d270684129.htm) des All Chinesischen Gewerkschaftsbundes ACFTU; Publikationsdatum: 20. Juli 2010

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Übersetzung ins Deutsche von Kimiko Suda
Zwischenüberschriften Redaktion Infoexchange im Projekt Forum Arbeitswelten